Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden! (Jesaja 55,12a)
Geht es Ihnen auch so, dass die Sehnsucht immer größer wird? Endlich wieder einmal raus, endlich weg von diesem Virus, in ein unbeschwertes Leben? Einfach mal wieder in einen Zug steigen und dahin fahren, wo es schön ist. Vielleicht mit einem IC, der den Namen „Seeschwalbe“ trägt, von Köln nach Kiel… Ich höre schon das Meer rauschen und die Möwen ihre unverwechselbaren Rufe in die Luft schreien. Aber wir müssen uns wohl noch ein Weilchen gedulden.
Ich hoffe allerdings nicht so lange, wie das Volk Israel damals vor mehr als 2500 Jahren, als es nach Babylonien in die Gefangenschaft verschleppt worden war. Immer wieder versuchte der Prophet Jesaja ihnen Mut zu machen:
Habt Geduld. Ihr werdet zurückkehren. Und vor allem, Gott ist bei euch, ganz bestimmt, darauf könnt ihr euch verlassen. Ihr müsst nicht denken, dass er euch vergessen hätte, nur weil eure Lage jetzt so bedrohlich erscheint. Gerade hier und jetzt ist er da und versteht euch und kennt eure Not. Eigentlich müsstet ihr das ja auch wissen.
Er hat euch schließlich schon immer begleitet. Erinnert euch doch mal… Fallen euch da nicht wunderbare Geschichten ein? Geschichten von Bewahrung und Rettung, Geschichten von neuen Anfängen…
Und so vergehen die Jahre… Und dann wird Jesaja konkret:
Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden!
Was für ein wunderbares Bild. Und so geschah es damals auch.
Und so hoffe ich, dass auch wir bald wieder unbeschwert aufbrechen dürfen, unsere Sehnsuchtsorte aufsuchen können, aufatmen und uns frei fühlen dürfen. Und bis wir das alles wieder können, da lohnt es sich, uns immer wieder an das zu erinnern, was wir bisher schon erleben durften.
Vielleicht haben Sie das eine oder andere Foto von einem schönen Moment aufbewahrt, ausgedruckt oder vielleicht auch im Smartphone gespeichert. Vielleicht haben Sie so manchen berührenden Augenblick im Herzen festgehalten. Vielleicht gibt es auch Menschen, mit denen Sie sich gemeinsam erinnern können. Rufen Sie doch gleich einmal bei ihr oder ihm an und tauschen sich aus.
Dass „in Freuden ausziehen“ geht auch in Gedanken und geht vor allem heute wunderbar über die verschiedensten Kommunikationsmöglichkeiten, die wir haben – analog und digital.
Und in all dem „im Frieden geleitet werden“, das bedeutet für mich, dass wir einander gut tun in allem Erinnern und Neuentdecken und dass wir genauso für uns selbst sorgen. Wenn meine Seele gestärkt ist, dann kann ich auch wieder nach außen strahlen und versuchen, anderen Mut zu machen. Weg von den dunklen Gedanken, die so gerne immer wieder kommen und uns niederdrücken wollen.
„Seeschwalbe“, wie das klingt… wie viele Menschen werden in diesem Zug gesessen haben mit ihren Träumen und Erwartungen… Vielleicht haben sich hier zwei Menschen für immer gefunden, ist jemand, der sehr traurig war, von einer Fremden wunderbar getröstet worden. Mal wieder für eine Zeit abschalten können, von dem, was mich bedrückt…
Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden!
Ein Versprechen, ein Satz, der Perspektive verheißt, vor allem deshalb, weil er von Gott erzählt. Einem Gott, der in der Vergangenheit mit uns gegangen ist und es auch heute tut. Einem Gott, dem wir nicht gleichgültig sind. Einem Gott, der deshalb selbst Mensch geworden ist.
Mehr Solidarität geht nicht.
Wir beten:
Du, unser Gott, schenke uns Mut und Hoffnung. Wir bitten Dich: Stärke alle Menschen auf der ganzen Welt, dass sie in Frieden und Freiheit leben können ohne jede Angst. Amen.
Sabine Grüneklee-Herrmann
______________
Wenn Sie das IC-Schild mit dem Namen „Seeschwalbe“ sehen möchten, finden Sie es in der OnLine-Andacht des Kirchenkreises Essen mit Sabine Grüneklee-Herrmann für Sonntag, 7. Februar 2021: www.youtube.com/watch?v=d9U71KJVu0o.
Liebe Frau Grüneklee,
ja, Sie sprechen bestimmt ganz vielen Menschen aus der Seele. Alle sehnen wir uns nach schönen Erlebnissen, nach Freiheit ohne Masken. Aber ich glaube, dass wir noch längere Zeit mit einem Teil der Einschränkungen sein werden.
Durch die Impfungen können wir ja ganz langsam schon einmal wieder an schöne Dinge denken, hoffentlich ist es so.
Liebe Grüsse und Dank für die ermutigenden Worte.
Ingrid Piel