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Wozu ist die Kirche da?

Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2. Timotheus 1,7)

Jeden Monat in der Presbyteriumssitzung sind wir bekümmert, dass wieder 5 bis 12 Menschen bewusst unsere Gemeinde verlassen haben und aus der Kirche ausgetreten sind. Oft sind es Menschen, die Anfang zwanzig sind – da liegt die Vermutung nahe, dass sie nun zum ersten Mal Kirchensteuer zahlen müssen und diese sparen möchten. Aber auch im fortgeschrittenen Alter kehren uns immer wieder Menschen den Rücken. Das macht uns betroffen.

Von einzelnen wissen oder ahnen wir, dass sie sich über eine Pfarrerin oder einen Mitarbeiter geärgert haben. Manche sind enttäuscht, weil sie keinen Platz in der Kindertagesstätte oder keinen Besuch zum Geburtstag bekommen haben, andere wollen sich von den Missbrauchsskandalen, die ja auch leider in der Kirche vorgekommen sind, distanzieren.

Bei vielen, so meine persönliche Vermutung, ist es aber auch der nächste logische Schritt nach einer langen Zeit der immer größer werdenden Distanzierung. Da hat man nicht die passenden Angebote gefunden, die einen interessieren, und auch nicht die Menschen, mit denen man gerne Zeit verbringt. Da geht Kirche mit ihren Themen nicht auf die Fragen ein, die gerade für das eigene Leben relevant sind. Da fragt man sich: Wozu brauche ich die Kirche überhaupt? Was bringt es mir, da Mitglied zu sein?

Die Selbstverständlichkeit, mit der wir früher sonntags zum Gottesdienst gingen oder an besonderen Gemeindeveranstaltungen teilnahmen, gibt es nicht mehr. Wir leben in einer Zeit, in der es ungezählte Angebote gibt und wir gut auswählen müssen, wo und mit was wir unsere begrenzte Zeit verbringen.

Und dennoch: Es gibt sie, die vielen Menschen, denen es ein Herzensanliegen ist, Mitglied unserer Kirche zu sein. Sie schätzen den Solidaritätsgedanken, der hinter unserem Kirchensteuersystem steckt, so dass wir unzähligen Menschen – Kindern, Beeinträchtigten, Schülern, Arbeitslosen, Senioren, Kranken… – helfen können. Sie finden in ihrer Gemeinde Menschen, mit denen sie wichtige Ereignisse in ihrem Leben feiern können: die Taufe oder Konfirmation eines Kindes, ihre Trauung oder auch den Abschied von einem geliebten Menschen. Sie finden Erfüllung darin, gemeinsam mit anderen über Fragen des Lebens und Glaubens nachzudenken, gemeinsam Gottesdienste zu feiern oder sich für andere ehrenamtlich zu engagieren.

Vor allem aber gehört es für diese Menschen unbedingt zu ihrem Christsein dazu, dies auch öffentlich mit anderen zu bekennen und gemeinsam nach Lösungen in unserem Glauben zu suchen, die uns als Privatmensch, aber auch als Gesellschaft und Menschheit helfen. In unserer Gemeinde haben viele unterschiedliche Fragen ihren Platz:

  • Wie können wir Gottes Schöpfung bewahren, die uns zugleich Geschenk und Lebensgrundlage ist, und deren Erhalt uns anvertraut wurde?
  • Wie können wir dazu beitragen, dass Gerechtigkeit und Friede herrschen?
  • Wie können wir Hoffnung schöpfen und anderen weitergeben?
  • Wo finden wir Verständnis und Kraft für all die Aufgaben und Herausforderungen, die das Leben für uns bereithält?

Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott uns dazu die unterschiedlichsten Ideen und Begabungen geschenkt hat – es wäre schön, wenn wir da voneinander profitieren könnten.

Und ich bin mir sicher, dass Gott uns auf vielfältige Weise unterstützt: mit seiner Liebe, die er uns in Jesus Christus gezeigt hat und mit der Gabe seines Geistes, mit dem er uns Kraft, Liebe und Besonnenheit schenkt (2. Timotheus 1,7b). Gerne möchte ich (und auch von Kollegen und vielen Presbytern weiß ich das) mit Ihnen ins Gespräch kommen über das, was Sie von Ihrer Gemeinde erwarten, wozu Ihrer Meinung nach Kirche da sein sollte und womit Sie unsere Gemeinschaft bereichern möchten.

Auch, was wir ändern und abschaffen sollten, ist uns wichtig zu erfahren. Schreiben Sie uns, rufen Sie an, sprechen Sie uns auf der Straße an und teilen Sie Ihre Meinung mit uns – wir sind neugierig, was Sie uns zu sagen haben!

Heike Remy