Diese Frage hört sich vielleicht seltsam an, jedenfalls für viele Menschen. Eine Beerdigung gestalten? Das ist doch immer gleich, oder? Gibt es da nicht einfach bestimmte Dinge, die „man“ so macht? Die Antwort ist: Nein, es gibt natürlich einiges, das zu einer Trauerfeier immer dazugehört, aber vieles lässt sich durchaus individuell gestalten.
Als Pfarrerin sind Beerdigungen und Trauerfeiern ja sozusagen so etwas wie „Alltag“ für mich. Auch wenn es natürlich nie wirklich Alltag ist, wenn Menschen sterben und wir mit der Trauer und dem Schmerz der Zurückbleibenden konfrontiert sind. Manchmal sagen Leute zu mir: „Das könnte ich nicht – so viel mit dem Tod zu tun zu haben!“ Aber viel mit dem Tod zu tun zu haben, das heißt ja auch: zu lernen und zu verstehen, dass wir dem Tod durchaus nicht wortlos und nicht ohne Trost, ohne Halt gegenüber stehen. Und genau dies kann sich in der Trauerfeier auf verschiedene Weise ausdrücken. Ich würde sagen, es gibt tatsächlich so etwas wie eine „schöne“ Beerdigung. Für mich sind das Beerdigungen, bei denen neben dem Schmerz, dem Kummer und auch der Wut über den Abschied dieses Andere deutlich wird: dass wir trotz allem aufgehoben sind, dass wir getröstet sind. Dass der Tod zum Leben einfach dazugehört und keine Strafe ist.
„Schön“ finde ich es auch, wenn das Leben eines Menschen – das, was sie oder ihn ausgemacht hat – noch einmal deutlich wird. Das kann zum Beispiel durch Fotos geschehen. Bei der Beerdigung einer Freundin hatten die Kinder auf einem Tisch viele Fotos von ihr aufgestellt. Es war ein Bild vom ersten Schultag dabei, eins zeigte sie als ganz junge Frau, dann als junge Mutter und so weiter. Ich fand das wunderbar, denn ich hatte sie lange gekannt, und es war sehr berührend diese Fotos aus vergangenen Zeiten zu sehen.
Was ich als Pfarrerin immer wieder erlebe: Menschen haben genau davor Angst – dass etwas sie noch besonders berührt. Sie haben Angst, ihr Berührtsein zu zeigen oder weinen zu müssen. Aber es muss eigentlich nicht peinlich sein, bei einer Beerdigung zu zeigen, dass man berührt ist oder weinen muss. Warum kommt man denn sonst?
In unserer Gemeinde in Essen-Haarzopf bieten wir verschiedene Möglichkeiten für die Gestaltung der Trauerfeier. Zunächst einmal steht allen Mitgliedern unserer Gemeinde die Möglichkeit offen, die Trauerfeier im Gemeindezentrum Fulerum (und hoffentlich bald auch wieder in unserer Kirche) abzuhalten. Für Beerdigungen auf unserem Friedhof gilt das sowieso. Die Atmosphäre in unseren Räumen ist schon etwas anders als in den meisten Friedhofshallen.
Und sehr viel besser sind die Bedingungen für Musik. Denn ein sehr wichtiges Element der Trauerfeier ist die Musik. Auch die Musik kann Trost vermitteln, uns anrühren und auf wunderbare Weise Halt geben – und das noch einmal ganz anders als Worte es vermögen. Aber genau das scheint mir auch der Grund zu sein, warum Menschen vor dem Gedanken an Musik bei einer Beerdigung oft zurückschrecken. Sie haben Angst, dann völlig die Fassung zu verlieren. Ich kann dazu nur sagen: Keine Angst, es tut meistens gut, sich nicht zusammen zu reißen und dem Schmerz freien Lauf zu lassen. In der Regel ist die Phantasie davon viel schlimmer als der wirkliche Vorgang. Und außerdem: Sie sind in dieser Situation nicht allein. Viele andere sind bei Ihnen, und die Pfarrerin oder der Pfarrer sorgen schon für den Ablauf. Ist es wirklich schöner, allein mit dem Kummer zu sein?
Sie können im Gemeindezentrum zwischen Orgel- und Klaviermusik wählen, es gibt klassische und moderne Angebote, geistliche und Popularmusik. Auf Wunsch helfen wir Ihnen, Gesang oder Instrumentalmusik zu organisieren. Auch eine moderne Musikanlage steht zur Verfügung. Ist es nicht schön, wenn ein Mensch mit Musik verabschiedet wird, die er oder sie liebte? Oder wenn Musik erklingt, die für Sie und den Verstorbenen eine besondere Bedeutung hatte?
Was viele auch nicht wissen: Sie können auch den Blumenschmuck oder Kerzen selbst gestalten und aufstellen. Viele kommen nicht einmal auf die Idee. Aber es kann wirklich eine Hilfe in der Trauer sein, sich selbst darum zu kümmern und auf diese Weise die Liebe und die Trauer auszudrücken. Bei Trauerfeiern mit späterer Urnenbeisetzung gibt es die Möglichkeit Kerzen in einer Schale zu entzünden oder einen Blumenstrauß zusammen zu stellen, der später aufs Grab gebracht wird. So können sich alle mit einer persönlichen Geste verabschieden, wenn die eigentliche Beisetzung später im kleinen Kreis erfolgt. Ich halte dies für wichtig: Auch über den engsten Kreis hinaus sollten Menschen die Möglichkeit haben, ihre Zuneigung und ihre Trauer auszudrücken. Auch, wenn die Beisetzung im Friedwald oder auf See erfolgt, kann vorher eine Trauerfeier so gestaltet werden.
Grundsätzlich bieten wir in unserem Aufbahrungsraum an der Haarzopfer Kirche außerdem die Möglichkeit der kostenlosen Aufbahrung an. Auch eine Urne kann hier aufgestellt werden und Sie können in Ruhe Abschied nehmen. Im Aufbahrungsraum gibt es die Möglichkeit Musik zu spielen oder Kerzen anzuzünden. Sie können sich als Angehörige jederzeit dort aufhalten, wenn Sie dies wünschen.
Ich kann allen Menschen nur Mut machen gelegentlich darüber zu sprechen, wie man sich all diese Dinge und Abläufe vorstellt – was gefällt, was man schön fände. Wir verwenden auf viele Details in unserem Leben so viel Zeit und Energie, wir gestalten zum Beispiel unsere Wohnung oder eine Feier sehr sorgsam. Sollten wir dies nicht auch für eine Beerdigung tun? Sollte nicht auch dies „passen“? In unserer Gemeinde ist es uns wichtig, Menschen genau in diesem Wunsch zu unterstützen: Dass es passt. Für die Verstorbenen und für die, die zurück bleiben. Was geht, versuchen wir möglich zu machen.
Natürlich können wir nicht zaubern. Und schon gar nicht können wir Ihnen den Kummer nehmen. Aber wir können Ihnen helfen, mit dem Kummer zu leben. Wir können Ihnen helfen, Ihrer Liebe zu den Verstorbenen eine Form zu geben, einen Ausdruck, der angemessen ist. Und natürlich bieten wir Ihnen das an, was die christliche Kirche von Beginn an auszeichnete: Das liebevolle Gedenken an die Toten, eine würdige und passende Beerdigung und den Trost des Glaubens. Unsere Toten sind bei Gott. Sie haben es gut.
Elisabeth Müller