Möge die Straße uns zusammenführen / und der Wind in deinem Rücken sein; / sanft falle Regen auf deine Felder / und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein. / Und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand. / Und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand.
Das „Irische Segenslied“ gehört zu den Lieblingsliedern meiner Konfirmanden an der Auferstehungskirche. Vielleicht liegt es daran, dass die Bilder, die hier beschrieben werden, so reichhaltig und ausdrucksstark sind. Sie erinnern an schöne, an lustige, an fröhliche Zeiten im Leben. Es sind Bilder für Menschen, die auseinander gegangen sind: Man hat sich verabschiedet, sich vielleicht noch einmal gesagt, wie schön die Zeit war, die man zusammen hatte, gegessen, getrunken, gelacht und geweint miteinander – und nun ist die Zeit des Abschieds gekommen.
Möge die Straße uns zusammenführen: Das erinnert mich an das „Gott befohlen“, das meine Eltern mir und meinen Geschwistern mit auf den Weg zur Schule gaben. Bei uns hieß es nicht „Tschüss“ – oder: „Bis nachher“, sondern eben: „Gott befohlen“. Möge der Herr mit Dir sein, und möge er auch mit mir sein – das steckt für mich darin. Und irgendwann, als ich es verstanden hatte, bin ich wirklich getröstet in die Schule gegangen.
Möge die Straße uns zusammenführen: Das erinnert mich auch an die Worte, die ein Mann noch aus dem Flugzeug gesprochen hat ins Handy zu seiner Frau, als die Maschine entführt worden war und am 11. September 2001 in das World Trade Center gesteuert worden ist. Wenn ich nur noch einen Satz zu dem Menschen sagen kann, der mir am Nächsten steht, was würde ich sagen? Der Mann sagte damals: „Ich liebe Dich, mach dir keine Sorgen, wir werden uns wiedersehen. Wenn ich nicht mehr nach Hause komme, dann vergrabe dich nicht, sondern lebe.“ Dann war der Kontakt unterbrochen.
Möge die Straße uns zusammenführen: Ein Bild von der Straße der Emmaus-Jünger kommt mir vor Augen. Ein Holzschnitt, auf dem zu sehen ist, wie die beiden Jünger wie blind neben Jesus herstapfen. Gehalten in ihrer Trauer des Todes, wie blind für seine Worte, die er ihnen noch einmal sagt, dass Gott mit ihm diesen Weg so gegangen ist, ja gehen musste hin zum Kreuz – und zur Auferstehung – und sie verstehen immer noch nichts. Er stützt sie, er, der auf diesem Bild keine Füße hat, denn es ist ja der Auferstandene. Erst am Abend, beim Brotbrechen, erkennen sie ihn, er, den HERRN – der die ganze Zeit bei ihnen war.
Ob wir so hoffen können, dass uns die Straße zusammen führt? Die Straße des Glaubens uns mit dem Herrn zusammenführt? Die Straße der Liebe und der Hoffnung uns wieder mit den Menschen zusammenführt, die nicht mehr bei uns sind? Dass wir sie in Gottes Ewigkeit wiedersehen werden und dort mit ihnen gemeinsam Gott loben und preisen?
Für mich ist das ein wunderbares Bild, hoffnungsfroh, glücklich.
Das sind für mich auch die Worte in der Offenbarung des Johannes: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu.“
Ich wünsche mir für uns in der jetzigen Frühlingszeit diese Hoffnung. Möge die Straße uns zusammenführen.
Götz-Otto Kreitz