Kirche und Kunst sind nicht zu trennen

Kirche und Kunst sind untrennbar miteinander verbunden. Woran liegt das? „Kirche“ gäbe es nicht ohne die Präsentation ihrer Botschaft in der Welt. Und das beginnt mit den Gebäuden. Welche Botschaft verkünden die großen gotischen Kathedralen? Und welche Nachricht will eine kleine barocke Dorfkirche vermitteln? Wie sprechen Ort, Gestalt und Raum unserer Apostelkirche zu uns, und wie die der Stiepeler Dorfkirche?

Der Kölner Dom als gotisches Beispiel macht mich klein. „Du bist“, sagt der Dom zu mir, „ein Christlein, ein unscheinbarer christlicher Wanderer und Sucher unter dem hohen Himmel eines gewaltigen Gottes. Komm in den Dom, hier bist du klein, aber sicher. Gott ist groß.“ Die kleine, hell ausgemalte barocke Dorfkirche im bayerischen Schwaben erzählt Geschichten. Setz dich und schau auf die Wände und an die Decke, da sind Geschichten, die du kennst und in denen du vorkommst. Das Sonnenlicht im Kirchenraum ist ein Symbol für Gottes behütende Klarheit. Fühl dich geborgen und schützend wahrgenommen. Weiterlesen

Kleine Fische, große Wirkung

Die geschwisterliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. (Römer 12,9-16)

Ungewohnt. Wir sitzen doch sonst in Reihen hintereinander. In der Kirche haben manche sogar ihre Lieblings-Bank. Ihren festen Platz. Hier, im Gemeindesaal, ist natürlich sowieso alles anders – und jetzt sitzen wir auch noch im Kreis. Die Sitzordnung heute ist wie eine Auslegung unseres Textes aus dem Römerbrief: Um sich mit dem anderen freuen zu können oder um mit dem anderen weinen zu können – muss ich ihn sehen. Muss ich ihm oder ihr ins Gesicht sehen können. Dann sehe ich vielleicht, dass Frau X. heute gar nicht so munter lächelt wie sonst. Oder bemerke, dass  Herr Y. ein bisschen blass ist. Und ich kann fragen: Was ist los? Wie geht’s? Ist was passiert? Einander sehen, einander wahrnehmen. „Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor“ – das gelingt dann vielleicht. Weiterlesen

Ein jeder sehe auf das, was dem anderen dient

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. (Philipper 2,3-4)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir haben diese Verse aus dem Brief, den der Apostel Paulus an die Philipper schreibt, so richtig gesessen! Ich finde mich so gar nicht darin wieder, weil ich im Moment auf Krawall gebürstet bin. Denn in dem Heim, in dem meine Schwester lebt, läuft es gerade nicht so rund, und das bringt mich ganz ordentlich auf die Palme. Da bin ich gar nicht einmütig und liebevoll, da bin ich – positiv formuliert – höchst engagiert, da kämpfe ich. Und es ist mir am Ende auch nicht wichtig, ob die Menschen mich dort mögen oder nicht. Meiner Schwester soll es gutgehen. Um das zu erreichen, bin ich im Moment so gar nicht handzahm, wie eine Bekannte das nennen würde, sondern richtig rebellisch.

In diese Stimmung hinein also dieser Text, der mich jäh auszubremsen scheint, zumindest ins Stolpern bringt, nachdenklich macht und mich auch kritisch hinterfragt. Um wen geht es hier, wenn du kämpfst? Geht es wirklich um Nedde, meine Schwester, oder doch um mich selbst? Geht es um Verbesserungen für Nedde oder um die eigene Ehre? Weiterlesen

Die Taufe: Stiftung Gottes, Zuspruch seiner Liebe

Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Matthäus 28, 19-20)

Die Taufe ist das, was uns Christinnen und Christen verbindet: Durch die Zeiten – mit unseren Vätern und Müttern im Glauben, die vor uns waren und mit denen, die nach uns kommen werden. Gemeinsam legen wir auf denselben Grund unser Vertrauen ins Leben: Jesus Christus ist unser Herr. Ihm vertrauen wir uns an. An ihn klammern wir uns – im Leben und im Sterben. Und dies gilt auch durch die verschiedenen Kirchen, Konfessionen, Denominationen. Egal, wie unterschiedlich ihre Schwerpunkte, ihre Lebensformen, ihre Ausdrucksformen und ihre Glaubenspraxis auch sind, gemeinsam ist: alle sind getauft!

Die Taufe verbindet – schließt zusammen – schafft unlösbare Gemeinschaft. Selbst dann noch, wenn die einzelnen Menschen sich vielleicht gar nicht gut leiden mögen, sich fremd sind und vielleicht auch bleiben (wollen). Denn die Gemeinschaft, die durch die Taufe entsteht, ist keine Sympathiebekundung, kein Freundesbund: Sie ist Gabe Gottes. Sie ist Stiftung Gottes. Weiterlesen

Seine Heimat ist fast überall – Gott! | Kirche und Heimat #3

Und Gott wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein. (Offenbarung 21,3)

Grauer Beton, undurchsichtiges Glas, schwarze Stahlbänke mit grauen Polstern. Der Blick geht nach vorne an die weiße Wand, auf das Kreuz aus schimmerndem Metall. 1965 wurde meine Heimatkirche in Hervest-Dorsten vollendet. Viel Grau, viel Beton und Glas, das war damals modern. Der graue Glockenturm ist weithin sichtbar. Den Falken gefällt‘s. Sie nisten dort oben.

Doch viele Menschen würden meine Heimatkirche wohl als kalt und nicht besonders hübsch bezeichnen. Ich aber bin in ihr groß geworden, kenne den muffigen Geruch der Sakristei, habe zigmal den Altar als Kind umrundet und sogar meine allererste Predigt habe ich in dieser Kirche gehalten. Auch zum Heiraten bin ich zurückgekehrt. Lange ist das alles her, aber diese Betonkirche ist mir damals zur Heimat geworden. Weiterlesen

Die Welt ist in Bewegung | Kirche und Heimat #2

Das lesen und hören wir ja jeden Tag: Die Welt ist in Bewegung. Weltanschauungen, Lebensentwürfe, Arbeitsverhältnisse und Arbeitsanforderungen, Ausbildungswege und Grundüberzeugungen der Menschen über das, was wichtig oder erstrebenswert ist, ändern sich. Und auch Kommunikationswege ändern sich. Begegnungen von Mensch zu Mensch werden flankiert oder ersetzt durch digitale Wege. „Digitalisierung“ war ein Schlagwort einer der Parteien im letzten Wahlkampf für den Bundestag.

Und nicht nur die Lebensbedingungen sind in Bewegung. Auch die Menschen bewegen sich. Die Stadt Düsseldorf zählt pro Tag 315tausend Pendler. Die bewegen sich freiwillig von ihrem Wohnort zum Arbeitsplatz. Die anderen Hunderttausende, die in der Welt umherziehen, sind vertrieben durch Gewalt, Willkür und Terror. Die haben wir bei uns und vor der Haustür. Und genau die sind es auch, die uns heute fragen lassen, was denn in unseren Tagen „Heimat“ sein könnte, welche Inhalte den Begriff heute oder in Zukunft füllen könnten. Weiterlesen

„Du bist ein Uruguayer!“ | Kirche und Heimat #1

Im letzten Jahr habe ich mit meiner Familie eine Heimreise in mein Geburtsland Uruguay unternommen. Nach 50 Jahren und 15.000 Kilometern Wegstrecke kamen wir in Paysandú, einer Provinzstadt am Grenzfluss Uruguay, in der Evangelisch Lutherischen Gemeinde an.

Von der ersten Stunde an fühlte es sich wie eine Heimkehr an. Wir wurden herzlich von Leuten empfangen, die mein Vater vor 50 Jahren konfirmiert hatte. Der jetzige Pfarrer Ruben führte uns in das Pfarrhaus, in dem ich vor fast 60 Jahren das Licht der Welt erblickte. Er holte die Kirchenbücher hervor, in dem alle Taufen handschriftlich eingetragen waren. Wir tranken das Nationalgetränk Matte-Tee, das mich meine alte Heimat schmecken ließ. Kurze Zeit später meldeten sich ein Schulfreund, meine Klavierlehrerin und viele andere wieder vertraute Menschen. Es gab viel zu erzählen, viel Assado zu essen und vor allem den „eingeschworenen“ Hinweis „Du bist ein Uruguayer“.

Meine Kindheit, die damit verbundenen Gefühle und Erlebnisse wurden nach so langer Zeit wach und lebendig. Vergangene und zurückgelegte Heimat wurde hautnah wieder erlebbar. Mit dem Umzug der dort gegründeten Familie nach Deutschland Ende der 60iger Jahre wurde ich nicht heimatlos, aber ich hatte lange Zeit Heimweh nach dem Heimatland und dem Zuhause meiner Kindheit. Weiterlesen

Ein Haus für Gott

Weihnachten sind die meisten am liebsten zu Hause. Feiern zusammen mit der Familie. Studenten, die an entfernten Orten studieren, machen sich auf den Weg durch die halbe Republik, um zum Fest zuhause zu sein. Eine Umfrage bei den Konfirmanden „Was ist dir das wichtigste am Weihnachtsfest?“ ergab mit überwältigender Mehrheit: Mit der Familie zusammen zu sein und gemeinsam zu feiern. Geschenke waren sehr nachgeordnet. Familie: Eltern, Geschwister, wenn möglich Oma und Opa. Niemand soll, niemand will heute alleine sein. Man rückt zusammen, macht es sich gemütlich. Isst ein festliches Mahl, beschenkt sich, genießt die Zeit. Zuhause ist es am schönsten.

Für viele ist es so, aber nicht für alle. Manche flüchten von zu Hause, gerade jetzt, fliegen in die Sonne, suchen Abstand. Denn zu Hause an Weihnachten ist für sie schwer. Und leer. Zu viele Erinnerungen, zu viel Streit, enttäuschte Erwartungen. Alte Wunden brechen auf und schmerzen wie am ersten Tag. Und die Sehnsucht, sie schmerzt auch: die Sehnsucht nach einem Stück heile Welt, nach Frieden und Dazugehören, gerade heute Nacht, nach einem Ort der Geborgenheit und des Trostes. Nach Nähe. Nach dem Zauber der alten Geschichte vom Kind im Stall. Weiterlesen

Von Gott geliebt

…ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! (Jesaja 43,1)

Ein Kind zu bekommen, gehört zu den besonders bewegenden Erfahrungen im Leben. Viele Menschen nehmen daran Anteil. Sie alle sind berührt von dem Wunder der Geburt.

Für Vater, Mutter und alle, die sich die Erziehung teilen, bedeutet die Ankunft des kleinen Erdenbürgers noch mehr: der Alltag verändert sich völlig. Plötzlich tauchen Fragen auf, die weit über das Bisherige hinausgehen: Was wünschen und erhoffen wir uns für unser Kind? Welche Bedeutung hat Gott für unser Leben? Welche Werte soll unser Kind mit auf seinen Weg bekommen? Vor welchen Erfahrungen möchten wir es lieber bewahren? Und: Können wir das überhaupt? Weiterlesen

Erwin fehlt! oder: Plädoyer für die Volkskirche

Erwin kam sonst immer zum Kirchencafé, das unsere Gemeinde sonntags anbietet. Oder zum Seniorenfest. Und zum Gottesdienst. Seit seine Frau verstarb, ist die Gemeinde Erwins neue Heimat geworden – Ort für Trost, Ablenkung, Kontakte, Unterstützung.

Selbstgebackenen Kuchen im Kirchencafé isst er mit Leidenschaft. Es durften auch schon mal ein paar mehr Stückchen sein, als seine Diabetes eigentlich erlaubt.

Die Kerze für seine Frau steckt er in jedem Gottesdienst an, dabei hat er Tränen in den Augen. Anschließend geht es ihm besser. Dann erzählt er vom letzten Arztbesuch und vom Neffen, der wenig Zeit hat. Weiterlesen