„Ich habe den Herrn gesehen“

Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! (Johannes 20,16)

Es müssen entsetzliche Tage gewesen sein, die hinter Maria Magdalena lagen. Die Ereignisse hatten sich nur so überschlagen. Erst Jesu Verhaftung, dann seine Verurteilung, dann sein grausamer Tod. Ob man das richtig begreifen kann? Ob die eigene Seele bei so etwas mitkommt? Ob man da nicht nur fassungslos daneben steht, gar nichts mehr fühlt, nur großen Schrecken und unendliche Trauer? Wie furchtbar das alles gewesen ist, wie grausam es war, das zu erleben, zu sehen, mit dabei zu sein und vor allen Dingen: nicht eingreifen zu können, nichts verhindern zu können, ihn nicht retten zu können. Weiterlesen

Zweifel – Hoffnung – Glaube

Jesus Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. (Johannes 11,26)

Ende Januar 2017 habe ich zu meinem Geburtstag das größte und wunderbarste Geschenk meines bisherigen Lebens von meiner geliebten Ehefrau geschenkt bekommen. Sie befand sich für einen experimentellen Heilversuch im Uniklinikum Würzburg und schrieb mir:

* * * * * * *

„Liebster, das was ich hier erlebt habe, werde ich nie vergessen und es hat mich so sehr verändert. Letzte Woche Freitag, als ich hier angekommen bin, habe ich mich so schlecht gefühlt. Ich hatte Wasser in der Lunge und konnte kaum atmen. Ich war so schwach, der Krebs war überall. Sie sagten mir, dass ich nur noch ein paar Tage zu leben habe, wenn jetzt nichts passiert. Weiterlesen

Als Kundschafterinnen und Kundschafter unterwegs

Seid getrost und unverzagt, fürchtet euch nicht und lasst euch nicht vor ihnen grauen; denn der HERR, dein Gott, wird selber mit dir ziehen und wird die Hand nicht abtun und dich nicht verlassen. (5. Mose 31,6)

In unseren Kirchengemeinden Katernberg und Schonnebeck erleben wir dieser Tage eine Premiere: Zum ersten Mal rücken zwei Gemeinden im Essener Norden über eine pfarramtliche Vertretung näher zusammen. In der Kirchengemeinde Katernberg übernehmen zwei Pfarrerinnen, Karin Pahlke und Bianca Neuhaus, von der Nachbargemeinde, der Kirchengemeinde Schonnebeck aus, eine Vakanzvertretung im Umfang von jeweils 25 Prozent. Dabei handelt es sich durchaus um eine bedeutende Veränderung. Über den konkreten pfarramtlichen Vertretungsdienst hinaus lernen sich zwei Nachbargemeinden genauer kennen – und loten aus, wo es sinnvoll sein könnte, sich zu vernetzen. Weiterlesen

Lebensregeln

Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden … Wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist… und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen… Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. (Galater 5,25-26; 6,1-2; 6.7)

Na, ich weiß nicht, wie ist es Ihnen ergeht, wenn Sie diese Lebensregeln lesen, die der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater aufstellt: Ob Sie innerlich nicken, das eine oder andere wohlwollend zur Kenntnis nehmen, oder ob sie verständnislos den Kopf schütteln und denken: Mensch, das kann doch keiner schaffen. Klingt zwar schön, aber ist doch meilenweit von uns und unserer Welt entfernt.

Ich selbst war verunsichert, als ich das gelesen habe. Lediglich meinen eigenen Trauspruch habe ich sofort freudig zur Kenntnis genommen: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Weiterlesen

Ein jeder sehe auf das, was dem anderen dient

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. (Philipper 2,3-4)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir haben diese Verse aus dem Brief, den der Apostel Paulus an die Philipper schreibt, so richtig gesessen! Ich finde mich so gar nicht darin wieder, weil ich im Moment auf Krawall gebürstet bin. Denn in dem Heim, in dem meine Schwester lebt, läuft es gerade nicht so rund, und das bringt mich ganz ordentlich auf die Palme. Da bin ich gar nicht einmütig und liebevoll, da bin ich – positiv formuliert – höchst engagiert, da kämpfe ich. Und es ist mir am Ende auch nicht wichtig, ob die Menschen mich dort mögen oder nicht. Meiner Schwester soll es gutgehen. Um das zu erreichen, bin ich im Moment so gar nicht handzahm, wie eine Bekannte das nennen würde, sondern richtig rebellisch.

In diese Stimmung hinein also dieser Text, der mich jäh auszubremsen scheint, zumindest ins Stolpern bringt, nachdenklich macht und mich auch kritisch hinterfragt. Um wen geht es hier, wenn du kämpfst? Geht es wirklich um Nedde, meine Schwester, oder doch um mich selbst? Geht es um Verbesserungen für Nedde oder um die eigene Ehre? Weiterlesen

Jona | Vom Aufbrechen #2

Aufbrechen und losgehen, das machen Menschen überall und zu allen Zeiten. Auch die Bibel erzählt davon, dieses unglaubliche Aufbruchsbuch. Sie erzählt von Leuten, die aufgebrochen sind, freiwillig oder unfreiwillig, ängstlich, zögerlich, mutig, begeistert. Drei von ihnen kommen hier in dieser Woche zu Wort – heute: Jona. Weiterlesen

Das Wort vom Kreuz …eine Gotteskraft!

Gott hat ihn, der keinerlei Sünde getan hatte, an unserer Stelle zu einem sündigen Menschen gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit verkörpern, in eins mit Jesus. (2. Korinther 5,21)

Das Wort vom Kreuz ist eine Provokation! Und das seit fast zweitausend Jahren. Es provoziert Gelächter und Hohn, aber auch Einverständnis und Glaube. Worin liegt diese Provokation? Seit es Menschen gibt, beschäftigen sie sich mit der Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz. Was ist meine Aufgabe? Welche Gaben und Fähigkeiten habe ich? Wo gehöre ich hin? Was füllt mich aus? Wie gehe ich mit Scheitern um? Wo finde ich Heimat?

In unserer Zeit scheint das Bedürfnis, sich zu verorten, im wörtlichen und übertragenen Sinn, drängender denn je. Beruflich ist oft Flexibilität gefordert. Ganz zu schweigen von festen Zeiten und klaren Arbeitsstrukturen. Oder aber es stellt sich die ganz andere Frage: Wie gehe ich mit meiner Arbeitslosigkeit um? Sie fordert in verschärfter Weise eine Antwort auf den Sinn eigener Existenz. Hinzu kommt eine Flut von Sinnangeboten. Sie machen die Entscheidung nicht leichter. Vieles wirkt verlockend und ansprechend. Weiterlesen

Ein Haus für Gott

Weihnachten sind die meisten am liebsten zu Hause. Feiern zusammen mit der Familie. Studenten, die an entfernten Orten studieren, machen sich auf den Weg durch die halbe Republik, um zum Fest zuhause zu sein. Eine Umfrage bei den Konfirmanden „Was ist dir das wichtigste am Weihnachtsfest?“ ergab mit überwältigender Mehrheit: Mit der Familie zusammen zu sein und gemeinsam zu feiern. Geschenke waren sehr nachgeordnet. Familie: Eltern, Geschwister, wenn möglich Oma und Opa. Niemand soll, niemand will heute alleine sein. Man rückt zusammen, macht es sich gemütlich. Isst ein festliches Mahl, beschenkt sich, genießt die Zeit. Zuhause ist es am schönsten.

Für viele ist es so, aber nicht für alle. Manche flüchten von zu Hause, gerade jetzt, fliegen in die Sonne, suchen Abstand. Denn zu Hause an Weihnachten ist für sie schwer. Und leer. Zu viele Erinnerungen, zu viel Streit, enttäuschte Erwartungen. Alte Wunden brechen auf und schmerzen wie am ersten Tag. Und die Sehnsucht, sie schmerzt auch: die Sehnsucht nach einem Stück heile Welt, nach Frieden und Dazugehören, gerade heute Nacht, nach einem Ort der Geborgenheit und des Trostes. Nach Nähe. Nach dem Zauber der alten Geschichte vom Kind im Stall. Weiterlesen

Über das Verschwinden der Barmherzigkeit

Darum seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. (Lukas 6,36)

Vor einiger Zeit ist ein sogenanntes „Lexikon der bedrohten Wörter“ erschienen. Denn es gibt nicht nur bedrohte Pflanzen und Tiere, sondern auch Wörter, die vom Aussterben bedroht sind. Wörter wie „Kleinod“ oder „hold“. Beide hören Sie im Alltag nicht mehr. Ebenso wenig wie das Wort „barmherzig“.

Wenn Konfirmanden beim Vorlesen aus der Bibel auf dieses Wort stoßen, dann stocken sie und betonen es mit ziemlicher Sicherheit auf der ersten Silbe. Sie sagen: „barm-herzig“. Daran merke ich, dass sie das Wort noch nie gelesen oder gehört, geschweige denn selbst gebraucht haben.

Mich beunruhigt das. Denn man sagt nicht zu Unrecht: Wenn ein Wort verschwunden ist, dann ist auch die Sache selbst verschwunden. Weiterlesen

Erwin fehlt! oder: Plädoyer für die Volkskirche

Erwin kam sonst immer zum Kirchencafé, das unsere Gemeinde sonntags anbietet. Oder zum Seniorenfest. Und zum Gottesdienst. Seit seine Frau verstarb, ist die Gemeinde Erwins neue Heimat geworden – Ort für Trost, Ablenkung, Kontakte, Unterstützung.

Selbstgebackenen Kuchen im Kirchencafé isst er mit Leidenschaft. Es durften auch schon mal ein paar mehr Stückchen sein, als seine Diabetes eigentlich erlaubt.

Die Kerze für seine Frau steckt er in jedem Gottesdienst an, dabei hat er Tränen in den Augen. Anschließend geht es ihm besser. Dann erzählt er vom letzten Arztbesuch und vom Neffen, der wenig Zeit hat. Weiterlesen