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Sieben Wochen Mit Advent

In dieser Jahreszeit gibt es normalerweise auch unter uns verschiedene Ansichten, wenn wir auf die Zeit vor Weihnachten vorausschauen. Die einen unter uns warten mit dem Vorweihnachtlichen bis zum 1. Advent, die Dekoration bleibt gut verpackt, bis der November fast oder ganz vorbei ist, frühzeitiger Einkauf des traditionellen Gebäcks kommt auch nicht in Frage. Andere haben schon geschmückt, man sieht die ersten Lichterketten und frische Printen gibt es auch.

Welcher Typ sind Sie? Ich bin eigentlich eher der Kirchenjahrestyp, also am Samstag vor dem 1. Advent geht‘s los, oder zumindest bis zum Ewigkeitssonntag warten wir. Aber – wann fangen wir in diesem Jahr an, wann fängt das eigentlich an, das mit Weihnachten und dem Advent in 2020?

Vor einer Woche sprach mich ein Kollege an, wann wir denn den Weihnachtsbaum im Innenhof der Schule aufstellen. Und ein anderer sagte, er habe mit seiner Frau auch schon über Deko geredet. Geht’s da nur um Äußerlichkeiten, geht’s da nur um Sachen, von denen ich denke: „bloß nicht vor dem ersten Advent?“

Mit dem Kalender ist das jetzt aber in diesem Jahr so eine Sache, 2020 ist doch völlig aus der Bahn geraten, das Jahr funktioniert doch gar nicht wie sonst, bietet keinen Halt und keine Orientierung, obwohl wir uns auch kirchlich so bemühen. Die Uhren gehen anders und die Zeiten sind nicht mehr ablesbar. So wie die Fastenzeit und Ostern ganz anders ablief, so ist das auch jetzt.

Jetzt, jetzt gerade, da spüren wir bei uns selber und bei denen, die uns begegnen, wie uns in diesen Tagen die Kraft und die Zuversicht ausgeht, wir sind angefressen, von all dem Aufpassen und Verzichten.

Und darum möchte ich, dass jetzt Advent ist, dass ich jetzt, auch in diesen Tagen spüre, dass Weihnachten wird, dass Jesus zur Welt kommt, dass ich Hoffnung tanke und Zuversicht habe. Dass ich diese Sehnsucht feiern kann, mit allem, was mir sonst vielleicht zu früh oder zu kitschig wäre.

Legen wir doch den Schalter einmal früher als sonst um auf Erwartung und Vorbereitung. Probieren wir es ab heute mal mit „Sieben Wochen Mit“ – und zwar mit Advent. Ich will auch in diesem Monat schon sehen und spüren, dass es wieder heller wird, dass da noch was auf uns zukommt, das gut ist und tröstlich. Jetzt schon Weihnachten auf mich zukommen zu lassen, das ist es, das ist Advent in diesem Jahr.

Aber natürlich bremst mich mein evangelischer Ernst. Geht doch gar nicht, mit allem, was da vor dem Advent sonst noch kommt. Aber ist das so? Ich bin sicher, ich werde trotzdem noch den November als November empfinden, werde über die Ereignisse in Wien und in Amerika und in Afghanistan auch weiter schwer nachdenken. Ich werde übermorgen, am 9. November, an die Pogromnacht denken, überlegen, wozu der Buß- und Bettag gut ist, und am Ewigkeitssonntag an meine Toten mich erinnern. Aber kommt Gott mir nicht auch darüber hinweg schon entgegen?

Also lasse ich den kritischen Blick im Laden auf die Früheinkäufer. Und ich muss ja auch nicht darüber nachdenken, ob es an der frühen Eröffnung des Weihnachtsmarkts in Essen etwas auszusetzen gibt. Im Gegenteil – wir haben die Chance, mal ausnahmsweise ganz vorne mit dabei zu sein und loszulegen.

Vielleicht ist Advent im kommenden Jahr ja wieder im Dezember, gut so! Aber nicht in diesem Jahr. Dieses Jahr kommt uns Gott noch ein Stück mehr entgegen, weil wir es so sehr brauchen. Und weil er eben so ist, immer noch einen Schritt mehr auf uns zu macht.

Schauen wir in unserer Sehnsucht doch mal weit voraus und in diesen Tagen vielleicht weiter als sonst. Was, glauben Sie, macht Ihr Blumenhändler für Augen, wenn Sie nächste Woche einen Adventskranz mit sechs Kerzen haben wollen? Und Ihr Nachbar wird Sie wohl fragen, warum Ihr Bäumchen schon zu St. Martin Lichter hat. Was werden Ihre Kinder und Enkel sagen, wenn Sie heute mit zwei Adventskalendern ankommen, und zwar heute noch, damit sie bis Ende November mit dem ersten auch durch sind? Sie können aber auch einfach mal einen mit vierzig Türchen basteln, auch eine gute, heilige Zahl, die an lange Wege in der Wüste erinnert!

Bei uns leuchtet morgen der erste Stern im Fenster; und bei Ihnen? Glocken läuten! Raus die Sterne! An die Lampen! Pyramiden und Engel abstauben! Kerzen anzünden! Ab heute geht’s los, Sieben Wochen Mit Advent!

Alexander Maurer

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Alexander Maurer hielt seine Andacht „Sieben Wochen Mit Advent“ zum Auftakt der Kreissynode des Kirchenkreises Essen am 7. November 2020 – dem Tag vor „seinem“ 1. Advent.

Ein Gedanke zu „Sieben Wochen Mit Advent

  1. Wunderbar, Alex! Ich muss an mir arbeiten, weil ich auch so eine „Kirchenjahres-Tante“ bin, aber ich bin auch bedürftig und ER ist ja da. Da dürfen wir ihn auch feiern und willkommen heißen und… Heute Abend auch bei uns ein bisschen Kerzenschein und erste tapsige Schritte in den Advent. Danke Dir!

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