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reFORMation – transFORMation

Bildung war für die Reformatoren besonders wichtig. Zu Luthers Zeit konnten nur wenige Menschen lesen und schreiben. Bildung gehörte zu den Privilegien des Adels und der Geistlichkeit. Luther fand das ungerecht, er machte sich stark für Bildungsgerechtigkeit. Jeder sollte aus seiner Sicht lesen und schreiben können, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht. Dank der Reformatoren, vor allem Luther und Melanchthon, entstand eine regelrechte Bildungsbewegung und es kam zu zahlreichen Schulgründungen.

Dabei war für die Reformatoren die Kenntnis der Bibel Grundlage jeglicher Bildung. Sie dient der Orientierung und ermöglicht es, über den eigenen Glauben Auskunft geben zu können. Mit der Rückbesinnung auf die Bibel hat Martin Luther einen Wandlungsprozess angestoßen, der nicht nur in der Kirche reformatorisch wirkte, sondern auch biblische Impulse in die Moderne transformierte: Gottvertrauen statt Selbstüberforderung, Mut statt Angst, Teilhabe statt Hierarchie, Freiheit statt Bevormundung. Diese Ideale Luthers sind seit der Reformation ein immerwährender Auftrag, nach einer zeitgemäßen Interpretation des christlichen Glaubens bis heute zu fragen.

Vor diesem Hintergrund hat die Evangelische Kirche im Rheinland zum diesjährigen Reformationsjubiläum einen Kunstpreis „reFORMation – transFORMation“ ausgelobt. In einem Wettbewerb wurde dazu eingeladen, sich mit einer künstlerischen Position am fortwährenden Such- und Gestaltungsprozess zu beteiligen. Elf nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler wurden nach langen Diskussionen ausgewählt, ihre zum Teil provokanten Haltungen und Konzepte zu realisieren.

Wie wandelt sich das christliche Selbstverständnis in der Gegenwart – mit der Gegenwart? Welche Impulse kann Kirche aufnehmen, welche kann sie selbst setzen? Und welche Themen sollte sie setzen, um das Eigene nicht zu verlieren? All das sind offene Fragen, mit denen sich die Künstlerinnen und Künstler in ihren Arbeiten beschäftigt haben. Als Expertinnen und Experten für Wahrnehmung, Vision und Gestaltung haben sie sich auf den Weg gemacht, um neue Formen für Prozesse der Reformation und Transformation zu finden.

Mich persönlich erfüllt es mit Freude, dass wir uns mit einem Kunstprojekt dieser Qualität den aktuellen Fragen unserer Zeit vor dem Hintergrund unseres reformatorischen Erbes stellen. Kirche braucht den Dialog mit den Künsten und die Künste suchen das Gespräch mit der Religion und dem Glauben. Das Reformationsjubiläum bietet eine Gelegenheit, nach der ursprünglichen FORM von Kirche und Glaube heute, aber auch für eine lebenswerte Gesellschaft zu fragen, zu suchen, mit zu formen und zu transformieren. Die Künste lassen sich auf diesen Prozess ein und eröffnen damit neue Räume des Diskurses und der Einsichten.Die Begegnung der beiden Geschwister „Religion und Kunst“ bereichert das Leben.

Jeder Mensch braucht Bilder trotz des Bild-Überflusses, des visuellen Überfließens der öffentlichen, realen und digitalen Räume. Ich brauche Bilder, die mein tägliches Erleben prägen. Die Begegnung mit den Künsten in den geprägten Räumen einer Kirche kann mich berühren oder auch abstoßen. Doch sie fordern meine Stellungnahme, sie lassen innere und äußere Bilder reflektieren und schenken neue und ungewohnte Resonanzen. Erlebe ich eine solche Intervention wird die Begegnung von Kunst und Kirche zu einem Spielraum der Freiheit.

Die Ergebnisse des Kunstprojekts „reFORMation – transFORMation“ sind ab 10. März zunächst in der Johanneskirche in Düsseldorf zu sehen. Im Rahmen der Vernissage wird auch der gleichnamige Kunstpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland erstmals vergeben. Im weiteren Verlauf des Reformationsjahres werden die Kunstwerke noch in vier anderen rheinischen Kirchen und dem Landeskirchenamt gezeigt. Es freut mich sehr, dass die zweite Station der Wanderausstellung vom 7. Mai bis 9. Juni unser „Kunstraum Notkirche“ in der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Frohnhausen ist!

Werner Sonnenberg