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Raum für Hoffnung #2: Draußen

Denn sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe? (1. Könige 8,27)

Stell dir mal vor, du hättest ein ganzes Zimmer übrig. Ich weiß, das ist unwahrscheinlich.Aber es wäre doch schön, wenn es so wäre. Ein ganzes Zimmer, aus dem kein begehbarer Kleiderschrank werden soll und auch kein Gästezimmer, sondern ein Raum nur für Gott. Und natürlich für dich. Denn Gott braucht keinen Raum, in dem du dich nicht wohlfühlst.

Wie würdest du ihn einrichten? Welchen Teppich würdest du wählen? Welche Farbe wäre an den Wänden, welche Vorhänge an den Fenstern? Stünde dort ein gemütliches Sofa mit etwas Platz für Besuch? Gäbe es einen Schreibtisch, an dem du deine Gedanken aufschreiben kannst? Einen Kühlschrank, ein Klavier? Oder vielleicht ein Regal an der Wand für Bücher und Puzzles und Erinnerungen, die du mit Gott teilen möchtest?

Oder wäre das alles nichts für dich – zu viel Klimbim? Weiß und klar soll der Raum vielleicht sein. Nur eine Kerze, eine Gebetsbank, eine Bibel. Nichts, was ablenkt, und genug Platz, damit Gott auch noch etwas dazustellen kann.

Vielleicht willst du aber auch gar kein Zimmer einrichten, weil du Gott sowieso nicht hinter einer Tür finden kannst. Da bliebe dann nur ein schlechtes Gewissen, weil du zu selten anklopfst. Und so soll eure Beziehung ja nicht sein, begründet auf Entschuldigungen, weil man sich so lange nicht besucht hat. Dann ist es doch einfacher, wenn man sich eher zufällig mal über den Weg läuft.

Dem Zufall auf die Sprünge helfen. Das machen wir, wenn wir unsere gewohnten Räume verlassen. Wenn wir Gottesdienste draußen feiern, Seelsorgebänke aufstellen, mit Coffee-Bikes durch die Stadt radeln oder als Kirche auf Hochzeitsmessen vertreten sind. Dann können Menschen uns zufällig begegnen, und im besten Fall eben auch Gott. Wir tun das, weil das unser Auftrag ist. Wir sollen raus, Jesus hat uns geschickt. Und Luther hat es nochmal für uns erkannt: Gott ist nicht nur in Kirchengebäuden zu finden.

Aber wir gehen auch raus, weil wir merken, dass die Räume, die die Generationen vor uns erschaffen haben, nicht mehr anziehend genug sind. Die meisten erwarten hinter unseren Kirchentüren nichts, was ihnen gefällt. Doch liegt das wirklich an unserer Einrichtung? Liegt das an den Kirchenbänken, dem Chic der 50er Jahre, an der Unordnung hinter dem Altar? Vielleicht auch. Aber nicht nur. Wenn wir ehrlich sind, gehen wir ja auch raus, weil wir draußen anders sein können. Lockerer, befreiter, austestend, zwei Augen zudrückend, weil während des Gottesdienstes gequatscht wird. „Ach, so kann Kirche auch sein?“

Ja, so können wir auch sein. Und uns gefällt das gut. Dass wir dann anders wahrgenommen werden. Dass Gott wahrgenommen wird. Dass es diese kleinen Momente gibt, in denen wir hoffen, eine Tür aufgestoßen zu haben. Und es irgendwie weitergehen wird mit dieser Kirche. Weil die Menschen merken, dass es bei uns doch auch Formen und Worte gibt, in denen sie Gott finden können. Und sich selbst. Und eine andere Wirklichkeit, die sie stärkt, während sie dieses Leben bestreiten. Hoffnung auf so vielen Ebenen.

Doch wohin laden wir die ein, denen wir draußen begegnet sind? Einzelne Gemeinden können es nicht schaffen, jede Woche ein Event an einem besonderen Ort stattfinden zu lassen. Und da nagt ja auch die Frage am Herzen, ob es denn immer ein Event sein muss? Ob Gott das braucht? Ob wir das brauchen?

Also laden wir die Menschen in unsere Räume ein. Auf unsere Kirchenbänke, in unseren Fünfzigerjahre-Chic. In Räume für Gott, die so ganz anders aussehen, als wir sie uns vorhin vorgestellt haben. Und bemerken, dass kaum jemand den Weg von draußen nach drinnen schafft. Und wenn sie es schaffen, was erleben sie dann? Sind wir dann immer noch so locker, so austestend, so gnädig mit Menschen, die das Vaterunser nicht können? Ich glaube nicht. Zumindest zu oft nicht. Hoffnung, die im Keim erstickt, weil wir gar nicht dazukommen, von der einen Großen zu erzählen.

Räume für Gott. Gott braucht sie nicht. Gott hat keinen festen Wohnsitz. Wir brauchen sie. Wenn Gott etwas braucht, dann Kontakt zu uns, und der kann überall entstehen. Draußen oder drinnen. Auf dem Marktplatz oder auf Kirchenbänken. Im geheizten Gemeindesaal in diesem Winter oder in ungemütlicher Kälte. Es darf da anders sein als dort. Nur versprechen sollten wir draußen nichts, was wir drinnen nicht halten können.

Anne-Berit Fastenrath
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Dieser Text ist der zweite von drei Predigtimpulsen, die Pfarrer Alexander Maurer, Pfarrerin Anne-Berit Fastenrath und Presbyter Christian Hündlings für den Reformationsgottesdienst am 31. Oktober 2022 in der Essener Kreuzeskirche verfasst haben. Der dritte folgt in den nächsten Tagen. Textgrundlage war 1. Könige 8.