Zur Frühsommerzeit strahlt uns der Löwenzahn in seinem satten Gelb entgegen. In allen Entwicklungsstadien finden wir ihn: aufgeblüht, verblüht, als Pusteblume und mit leerem Fruchtstand. Der Löwenzahn kann zum Gleichnis für den Menschen werden. Der Wind aber, der die kleinen Fallschirme über unbegrenzte Strecken tragen kann, ist Symbol für den Heiligen Geist, der weht, wo er will.
Die Dichte des gelben Blütenmeeres erinnert an die unzähligen Menschen auf der Welt. Wie die Blüten auf den ersten Blick alle gleich aussehen, aber doch jede einmalig ist, so auch der Mensch, von dem kein Fingerabdruck mit einem der Milliarden anderer übereinstimmt.
Warum der Wind, der Geist Gottes, ausgerechnet an dem Ort geweht hat, wo wir uns gerade befinden, können wir nicht beantworten. Wichtig ist nur, dort, wo wir verwurzelt sind, unsere Einmaligkeit und unsere Aufgabe einzubringen.
„Blühe, wo du stehst!“ könnte auf der „Wiese der Menschheit“ stehen. Wie die Blüte des Löwenzahns aber sind wir Menschen auf „Sonne“ angewiesen: auf die Zuneigung der Mitmenschen wie auf das Vertrauen in die Güte Gottes, der eigentlichen Sonne, ohne die es kein Leben gäbe.
Schnell verblüht der Löwenzahn. Schneller als wir meinen, sind auch wir Menschen verblüht. Am Beispiel des Löwenzahns können wir das „Loslassen“ lernen.
Wer weiß, wo der Geist Gottes die menschlichen Fallschirme mit ihren kostbaren Samenkörnern hinweht und die Impulse unseres Lebens irgendwo anders weiterwirken lässt?
Günther Graßmann