Ist es möglich, dass am Dienstagmorgen um sechs Uhr eine Andacht in einer Evangelischen Kirche stattfindet? Ja, es ist möglich! So geschehen heute Morgen in der Friedenskirche in Dellwig. Wir haben mit unserer katholischen Schwestergemeinde St. Michael vereinbart, Andachten in der Fastenzeit anzubieten – abwechselnd in St. Michael und in der Friedenskirche, aber immer um sechs Uhr, mit einem anschließenden kleinen Frühstück.
Um Viertel vor fünf läutet der Wecker. Nachtschlafende Zeit. Ich wälze mich aus meinem warmen Bett. Meine Frau fragt: „Ist es denn schon so weit?“ Wenn es um Kirche geht, machen wir fast alles gemeinsam. „Ja“, sage ich, „raus aus den Federn.“ Ein Gedanke durchzuckt mich: „Vielleicht war es doch ein Fehler zuzusagen, diese Andacht zu halten.“ Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Draußen ist es kalt und frostig. Das Auto vergessen in die Garage zu stellen, also Scheiben frei kratzen – fängt ja schon gut an! Rein ins Auto, ab zur Kirche. Alles ist noch dunkel, wir sind die Ersten. Um diese Zeit war ich noch nicht in dieser Kirche. Tür aufgeschlossen und hinein. Wir bereiten ein wenig vor – hoffentlich kommt jemand! Um Viertel vor sechs hören wir Stimmen. Der Organist kommt und einige „frühe Vögel“. Verschlafen noch, aber doch fröhlich und gut gelaunt – in der Mehrheit katholische Schwestern und Brüder. Wir beginnen. Es wird eine schöne und stimmungsvolle Andacht.
Danach – ein fröhliches Frühstück mit angeregtem Geplauder, im Katharina von Bora-Saal. Unser Küster kommt auf mich zu und sagt mir, dass seine Tochter heute ihren 18. Geburtstag feiere und dazu gerne gesegnet werden möchte. Spontan entschließen wir uns alle, noch einmal in die Kirche zurückzugehen. Ein gemeinsam gesungenes Geburtstagsständchen, eine kleine Ansprache und ein Geburtstagssegen: Die junge Frau ist glücklich.
Auf dem nach Hause Weg sagt meine Frau zu mir: „Kirche um sechs kann doch etwas sehr Schönes sein!“ Ich nicke und stimme ihr zu.
Rolf Wessels