Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe! Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den HERRN zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt! (Hosea 10,12)
Sommerlich kommt der Monatsspruch für Juli einher. Ich habe wogende Felder vor Augen. Eine reiche Ernte kündigt sich an. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und in die Seele. Der Duft des reifen Getreides erfüllt die Luft. Und hoch am Himmel stimmt die Lerche ihr Lied an. Nur für sich? Oder vielleicht doch auch ein wenig für mich? Und vielleicht erst recht zur Ehre des Schöpfers?
Ich liebe sommerliche Wanderungen durch weite Felder, und die Stimmung am Rande des Tages ist mir dabei noch immer die liebste. Dann bin ich froh und dankbar, zuerst unserem Schöpfer, dann aber auch dem Bauern, der das Getreide gesät und geduldig gewartet hat – und noch wartet bis zur Stunde der Ernte.
Vielleicht hatte der Prophet Hosea ähnliche Bilder vor Augen und Gedanken im Kopf, einen ähnlichen Duft in der Nase und einen ähnlichen Klang im Ohr, als ihm Saat und Ernte, die Arbeit der Bauern und der Segen „von oben“ zum Gleichnis werden für das, was uns Menschen aufgetragen ist: „Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe! Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den HERRN zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt!“ (Hosea 10,12)
Es waren allerdings keine guten Zeiten, in denen er diese Sätze niederschrieb. Und manchmal frage ich mich in diesen Tagen: „Wie gut sind die Zeiten noch, in denen wir leben? Welche Zukunft steht uns und unseren Kindern bevor?“ Denn wenn es um Saat und Ernte geht, geht es immer um Gegenwart und Zukunft. Säen – das ist eine Aufgabe für heute, die eine Verheißung in sich trägt; aber ihr Ziel nicht wie von selbst erreicht.
So könnte es in der Tat auch mit der Gerechtigkeit sein: Nur wer bereit ist, in Vorleistung zu treten, darf auf Früchte hoffen. Nur wer Vertrauen aufbringt, wo vieles in Zweifel steht, gibt mit der Saat der Zukunft überhaupt eine Chance. Nur: Wie geht das?
Hosea nimmt das Ziel gleich mit in den Blick: „Erntet nach dem Maß der Liebe“, das heißt im biblischen Sprachgebrauch: Holt aus euren Anlagen nicht den maximalen Ertrag heraus. Lasst etwas übrig für die, die weniger haben als ihr, damit sie nicht am Hungertuch nagen. Oft ist das ja gar nicht so schwer!
Und: „Pflügt ein Neues“ – seid also im wahrsten Sinne des Wortes auf Veränderungen und Umwälzungen dessen gefasst, auf dem ihr bisher gestanden habt und das Euch gute Erträge und großen Reichtum gebracht hat.
Das Bild des Propheten wird mir beim abendlichen Spaziergang durch die Felder zur Herausforderung. Können wir das schaffen? Jeder an seinem Ort. Wir haben die Verheißung: Gott ist uns dabei sehr nah. Im „Acker“ liegt so gesehen die Suche nach ihm schon verborgen.
Segensreich ist es, nicht vorschnell die Bibel zuzuschlagen, sondern auch den letzten Teil des Satzes noch ernst zu nehmen: Das Gelingen liegt nicht in unseren vorläufigen Bemühungen, so wichtig sie auch sein mögen. Es ist im „Segen, der vom Himmel fleußt“ (aus dem Lied „Geh aus mein Herz“ von Paul Gerhardt) verheißen. Denn nur so kann ich auch zur Ruhe kommen – inmitten all meines alltäglichen Säens und Erntens. Das wünsche ich Ihnen und uns für diesen Sommer!
Joachim Lauterjung