Suche Frieden und jage ihm nach! (Psalm 34,15)
Soeben sind die Gedenktage zur Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkriegs vorüber. Sie haben – für viele junge Menschen neu, für andere wieder – die schrecklichen Folgen in Erinnerung gerufen: Millionenfachen Tod, unendliches Leid, Verwüstung und Zerstörung. Hintergrund des Krieges waren letztendlich Nationalismus und Militarismus unter den westeuropäischen Staaten, die zu Angst, Misstrauen, Feindschaft und Hass zwischen den Völkern führten. Dabei darf nie vergessen werden, dass Deutschland diesen Krieg begonnen hat.
Die gegenwärtige Lage in Europa und darüber hinaus erinnert fatal an die damalige Zeit. Der Nationalismus blüht, die politischen Eliten misstrauen einander und handeln konträr. Abschottung und Aufrüstung allenthalben. Nicht zu übersehen diverse Kriege im Weltenrund. Frieden zu bewahren, scheint mir, ist wohl doch nicht selbstverständlich, wie es nach den grauenvollen Kriegen des letzten Jahrhunderts und den derzeit tobenden eigentlich sein müsste. Frieden zu bewahren – eine politische Kunst: Ist sie vielleicht derzeit im Schwinden?
„Suche Frieden“ – will heißen, Frieden stellt sich nicht von selbst ein, will erarbeitet sein. Frieden schaffen ist Arbeit: Friedensarbeit. Wer im Großen Frieden haben will, muss ihn im Kleinen herbeiführen. Also im Alltag, In der Familie, in der Schule, im Beruf, in der Gemeinde, in Stadt und Land. „Wenn wir unseren Kindern den Frieden erklären, werden sie anderen nie den Krieg erklären. Kindern den Frieden erklären kann aber nur, wer selbst den Frieden lebt“ (Franz Alt). Frieden leben zielt darauf, die Grenzen der Fremdheit, des Misstrauens, der Angst, der Feindschaft zu durchbrechen.
Frieden schaffen! Das heißt, eine Gesellschaftsordnung entwickeln, die Menschen unterschiedlichen Standes und unterschiedlichen Alters als gerecht ansehen; das heißt, eine tragfähige und nachhaltige Gemeinschaft formieren, in der Menschen verschiedener Ethnien und Religionen gleichberechtigt und selbstverständlich zusammen leben.
Frieden schaffen! Das heißt zugleich, die existenzielle Not der Menschen in vielen benachteiligten Ländern wahrnehmen und gegen diese Not ankämpfen. Für mehr Frieden und für mehr Gerechtigkeit braucht es Menschen mit einem illusionslosen Gegenwartsblick, Menschen, die sich der Machtpolitik und den Interessenkonflikten der Gegenwart aussetzen und die nicht resignieren angesichts politischer Verschleierungstaktiken und des Primats der wirtschaftlichen Interessen vor Menschlichkeit und ethischem Verhalten.
Frieden schaffen! Dazu braucht es Menschen, die sich einsetzen gegen die herrschende Übereinstimmung in der weltweiten Politik, Unsummen von Geld für die Vorbereitung und Durchführung von Kriegen bereitzustellen, aber für den Einsatz von „Friedensfachkräften“ und zivilen friedensstiftenden Organisationen beständig weniger, nicht einmal die zugesagten Mittel herzugeben.
Frieden schaffen! Dazu braucht es Menschen, die begreifen, dass nichts so wichtig ist wie die Bildung und Erziehung der Kinder – generell wie auch besonders zum Frieden. Mahatma Gandhi hat zutreffend gesagt: „Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen.“
Frieden schaffen! Dazu braucht es Menschen, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, die nicht verzweifeln und nicht resignieren angesichts von Rückschlägen und Scheitern in ihrem Engagement.
Frieden schaffen! Dazu braucht es dich und mich!
Jörg Möllmann