In unserem Blog HIMMELRAUSCHEN veröffentlichen wir auch Antworten auf individuelle Fragen, die uns zugesandt wurden – ob zu Glaubensdingen oder zu theologischen Begriffen, die nicht immer leicht verständlich sind.
Die zweite Frage lautet:
Gestern haben N. und ich über das Glaubensbekenntnis gesprochen. Darin heißt es ja, dass wir Christen an die „Gemeinschaft der Heiligen“ glauben. Wenn ich mich richtig erinnere, hat mir einmal jemand erklärt, dass damit wir alle gemeint sind. Doch das kann eigentlich nicht stimmen, darin waren wir uns beide einig: Wir glauben zwar an Gott und versuchen auch, das zu leben. Aber wir sind trotzdem alles andere als Heilige, sondern einfach nur Menschen, die auch sündigen und Fehler machen. Was also bedeutet die „Gemeinschaft der Heiligen“, von der im Glaubensbekenntnis die Rede ist? Sind damit alle Christen gemeint? Vielleicht sogar alle Menschen? Oder doch nur wenige, ganz besondere Christen, die Herausragendes geleistet haben und deshalb verehrt werden – und die unsere Vorbilder sein sollen?
Antwort:
Meine Antwort auf die Frage nach der „Gemeinschaft der Heiligen“ lässt sich auf eine ganz kurze Formel reduzieren: HEILIG = zu Gott gehörig = getauft!
Im Glaubensbekenntnis geht es um die Gemeinde bzw. Kirche, die aus allen (!) Menschen besteht, die getauft sind. Mit der Taufe wird ein Mensch Teil des „Leibes Christi“ und durch diese Gemeinschaft „geheiligt“, er kann der Gnade Gottes gewiss sein, auf Vergebung seiner Sünden hoffen. Das Ja, das Gott zu uns in der Taufe spricht, ist UNUMSTÖSSLICH, es gilt immer und wird somit auch nicht durch einen „schlechten Lebenswandel“ widerrufen. Denn sonst wäre Gottes Wort nicht verlässlich. Gott ist seinem Wort immer absolut treu. Als der „treue“ Bundesgott hat er sich vorgestellt im Alten Bund (Israels Auszug aus Ägypten, gnadenhafte Gabe der Lebens-Gebote trotz der Verehrung eines Stieres, Rückkehr aus dem Exil usw.). Diese Treue hat er in Christus erneuert: Treue zu seinem Ja-Wort der Liebe, auch gegenüber uns scheiternden, fehlenden („sündigen“) Menschen. HEILIGE bleiben wir als Getaufte somit IMMER – auch dann, wenn wir uns ganz und gar nicht „heilig“ verhalten, nicht so handeln, wie Gott es von uns will.
Andererseits: „Heilig zu sein“ – im Sinne von „so zu handeln, wie Gott es will“ – ist aber auch die ANTWORT, die wir getauften Christen Gott geben sollten, in Dankbarkeit für seine bedingungslose Liebe, mit der er uns VOR aller Richtigkeit unseres Tuns, aller Leistung, beschenkt, so, wie es uns durch die Taufe zugesagt ist. Die HEILIGUNG als Eingliederung in den Leib Christi hat zur Folge, dass wir uns nach Kräften darum bemühen sollen, „geheiligt“ zu leben, nach Gottes Willen. Auch das gilt für alle Getauften!
Das ist also meine „evangelische Antwort“ auf die Frage, was wir unter „Gemeinschaft der Heiligen“ verstehen. Sie unterscheidet sich natürlich von der „Heiligenverehrung“, die die katholische Kirche kennt. Wie ist sie entstanden? Die Vorstellung, dass Heilige besonders untadelige Menschen sind, war zuerst eine Eingrenzung, die im frühen Mittelalter aufkam und ihren Ursprung im Mönchtum hatte. Seinerzeit wurde begonnen, zwischen „Normalchristen“, die „nur“ die Gebote halten müssen, und den besonders herausgehobenen „Super-Christen“ mit untadeligem Lebenslauf oder großen Verdiensten (z.B. Märtyrer) zu unterscheiden. Diese Super-Christen nannte man dann „die Heiligen“. Ihre Aufgabe war es, Fürbitte für die Normalchristen zu halten, auf dass diese dann ebenfalls in den Himmel kommen. Sie sollten in der Gemeinde eine Aufgabe als Fürsprecher wahrnehmen. Es handelte sich somit nicht um eine Form des Personenkults, sondern eher um eine „religiöse Arbeitsteilung“.
Erst in einem weiteren Schritt wurden die Heiligen dann zu “Wunderpersönlichkeiten”; ihren Gräbern, Gebeinen usw. wurde eine magische Heilskraft zugesprochen. Die Orte, an denen sie gewirkt hatten, ihre Gräber, die Kirchen, in denen ihre Reliquien aufbewahrt sind, wurden schließlich in der katholischen Glaubenstradition zu „heiligen Orten“, an denen diese Wunderpersönlichkeiten vielleicht sogar wieder „erscheinen“, wo sie zu den Menschen sprechen, Anweisungen von Gott weitergeben.
Wenn wir evangelischen Christen im Glaubensbekenntnis von der „Gemeinschaft der Heiligen“ sprechen, ist dies aber immer in dem oben beschriebenen Sinn gemeint.
Anke Augustin
Wenn Sie ebenfalls eine persönliche Frage zu einem Glaubenssatz haben und der Meinung sind, dass andere Leser von der Antwort profitieren, können Sie Ihre Frage gern in das Kommentarfeld eintragen oder auch per Mail an unsere Redaktionsanschrift info@himmelrauschen.de senden. Wir geben Ihre Frage dann an eine Theologin oder einen Theologen aus unserem Kirchenkreis weiter. Sobald uns die Antwort vorliegt, werden wir sie hier in unserem Blog veröffentlichen.