Vor dreißig Jahren, am ersten Freitag im März 1995, habe ich als junge Vikarin den Weltgebetstag der Frauen kennengelernt. Damals kamen die Texte für den Gottesdienst aus Ghana. Seitdem hat mich die Begeisterung für diese weltweit größte ökumenische Basisbewegung christlicher Frauen nicht mehr losgelassen.
Es geht hier um viel mehr, als nur um einen Gottesdienst einmal im Jahr. Es geht auch darum, den Blick zu weiten und über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Ich habe in all diesen Jahren Länder und Kulturen kennengelernt, mit denen ich mich sonst vermutlich nie beschäftigt hätte, wie zum Beispiel Surinam oder Vanuatu. Hintergrundinformationen gehören immer dazu und auch Lieder erklingen in landestypischen Melodien. Manchmal kann man auch besondere Spezialitäten kosten.
Ich erlebe den Weltgebetstag als ein wunderbares Fenster zur Welt. Doch es geht dabei auch immer darum, diese Welt gerechter zu machen, also um politisches Handeln weltweit, überall dort, wo Frauen und Mädchen in ungerechten, unterdrückenden und benachteiligenden Strukturen leben.
Das Motto des Weltgebetstages lautet: „Informiert beten und betend handeln!“ Jedes Jahr erfahren wir etwas über die Lebenssituation von Frauen und Mädchen in den jeweiligen Ländern. Wir erfahren auch von Unrecht, Armut und Gewalt. Die Gebete und Texte des Gottesdienstes werden von einem Team aus dem Land selbst geschrieben. So ergreifen Frauen das Wort, deren Stimmen sonst oft nicht gehört werden.
Beim gemeinsamen Gebet steht die Solidarität an erster Stelle. Denn beim Weltgebetstag beten wir nicht für andere, sondern wir beten mit den Worten der anderen, alle gemeinsam und das einmal rund um den ganzen Globus. An diesem ersten Freitag im März sind in mehr als 150 verschiedenen Ländern weltweit Frauen und Männer im Gebet verbunden, über Länder-, Kultur- und auch Konfessionsgrenzen hinweg. Das ist schon ein tolles Gefühl!
Ein Zeichen dieser Verbundenheit und Solidarität ist auch die Kollekte am Weltgebetstag. Beeindruckende Summen kommen jedes Jahr allein in Deutschland zusammen. Mit diesen Geldern werden zahlreiche Projekte finanziert, die Frauen und Mädchen stärken und ihre Lebenssituation verbessern wollen, z.B. durch Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Auch durch gezielte Projekte in verschiedenen Wirtschaftsbereichen sollen Frauen ermutigt werden, ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben und ihr Recht auf gesellschaftliche Teilhabe zu nutzen.
In diesem Jahr sind wir eingeladen, mit Menschen von den Cookinseln Gottesdienst zu feiern. Schon der Name dieser fünfzehn Inseln, die sich wie eine Perlenkette im Südpazifik aneinanderreihen, erinnert an die koloniale Geschichte: Die Inseln sind benannt nach dem britischen Seefahrer James Cook, der die Inseln entdeckte. Nach ihm kamen 1823 englische Missionare, die lange versuchten, ihre strengen Regeln durchzusetzen und die Kultur und die Sprache der Maori zu verbieten. Trotz dieser Erfahrungen ist das Christentum bis heute dort hoch angesehen. 85 Prozent der Menschen bekennen sich zum christlichen Glauben.
Doch ebenso begegnet man heute überall einem großen Stolz auf die eigene Maorikultur und Maorisprache, die neben Englisch die offizielle Amtssprache ist. Die Cookinseln gelten in all ihrer Schönheit als traumhaftes Tropenparadies, das allerdings mehr und mehr bedroht ist. Vor allem die Flora und Fauna der tiefliegenden Atolle der nördlichen Inseln sind durch die Folgen des Klimawandels stark gefährdet. Alle Inseln haben zu kämpfen mit den Auswirkungen von Zyklonen, Wassererwärmung, einem kontinuierlich ansteigenden Meeresspiegel und Küstenerosion.
Hinzu kommt ein wachsendes Interesse der Weltwirtschaft an diesen Inseln. Denn hier liegen seltene Rohstoffe auf dem Meeresboden: Manganknollen, die für unsere Energiewende scheinbar unverzichtbar sind. Ein Schatz für die Inseln, der weiteren Wohlstand sichert, oder eine Gefahr für das ohnehin schon zerbrechliche Ökosystem und ein erneuter kolonialer Übergriff?
„…wunderbar geschaffen!“ lautet das biblische Motto des Weltgebetstages 2025; es stammt aus Psalm 139. Die Frauen der Cookinseln laden uns ein, die Schönheit ihrer Inseln kennenzulernen, dem Wunder der Schöpfung nachzuspüren, aber eben auch zu erkennen, wie bedroht sie ist. Feiern Sie mit, lassen Sie sich informieren und zum betenden Handeln einladen. Denn wir alle können „mit unseren Gaben und Talenten der Welt dienen und zum Segen werden“, wie es im Text des Gottesdienstes heißt.
Der Weltgebetstag ist ein Fenster zur Welt, das am 7. März unbedingt wieder einen Blick lohnt! Ich freue mich, wenn wir uns da sehen.
Susanne Gutjahr-Maurer