Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21,6)
Die Jahreslosung 2018 spricht ein sehr elementares Bedürfnis an. Ein Bedürfnis aber auch, dessen Erfüllung für die allermeisten unter uns restlos selbstverständlich ist. So selbstverständlich, dass es uns als Bedürfnis vielleicht gar nicht mehr bewusst ist.
In vielen Gebieten dieser Welt ist das anders. Auch im Land der Bibel. Vor vielen Jahren bin ich im Wadi Qelt gewandert, das ist die Gegend, in der die Geschichte vom barmherzigen Samariter spielt. Unterwegs in glühender Hitze, in der Wüste Juda zwischen Jerusalem und Jericho, wird Wasser wertvoll. Und tief unten im Tal entdecke ich ein grünes Band. Dort ist Wasser. Fließendes, lebendiges Wasser. Wem vor Durst die Zunge am Gaumen klebt, der kennt kaum etwas Wertvolleres als einen kleinen Schluck frischen Wassers. Frischen Wassers, wohlgemerkt. Nicht abgestandenes, trübes, verunreinigtes oder auch nur gechlortes.
Wasser ist – neben dem täglichen Brot – das Lebensmittel schlechthin. Gerade deshalb taugt es so gut als Symbol. Wir dürsten ja nicht nur nach Wasser, sondern oft genug auch nach Anerkennung, nach Liebe, nach Geduld, nach Ruhe, nach Sinn, nach Leben.
„Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.“ – der 42. Psalm bringt auf den Punkt, worum es geht – wunderbar vertont von Felix Mendelssohn. Das bekommt auch eine Frau zu spüren, von der das 4. Kapitel des Johannesevangeliums berichtet. Jesus begegnet ihr in Sychar, einer Stadt in Samarien. Dort leben Menschen, deren „rechter“ Glaube für fromme Juden damals zumindest zweifelhaft war. Menschen, denen man besser aus dem Wege geht.
Diese Frau – selber gekommen, um Wasser zu schöpfen – trifft Jesus an einem Brunnen. Und Jesus begegnet ihr als Bittsteller. Offensichtlich hat er Durst, aber kein Gefäß, um Wasser zu schöpfen. Sie leiht ihm ihren Krug und hilft ihm so gegen den Durst. Dann aber verwickelt er sie in ein Gespräch. Er spricht sie auf ihre Sehnsüchte, ihre Hoffnungen und auf ihr Scheitern an. Dabei kommt viel Not zu Tage. „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser …“ – da ist es wieder, das Sinnbild erfüllten Lebens.
Was die Frau dann tut, spricht Bände: Sie eilt zurück in ihr Dorf, um den Menschen dort von dem denkwürdigen Gespräch zu erzählen. Offensichtlich hat es ihr Leben verändert. Denn, so hält die kleine Geschichte am Ende wie in einer Randnotiz fest: „Ihren Krug aber ließ sie am Brunnen stehen“. Offensichtlich hatten sich ihre Maßstäbe im Blick auf Lebens-Durst dramatisch verschoben.
Dass es dieses „Wasser des Lebens“ dann auch noch umsonst gibt, dass es vermutlich sogar unbezahlbar ist, gibt mir mehr als zu denken, wenn ich über mein eigenes Leben nachsinne. Und dann muss ich nur noch festhalten, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen umsonst und vergebens…
Joachim Lauterjung
„Wasser ist das Beste“ (ídor áriston)-Pindar-1.Olypmpische Ode. Dank!