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Die Welt ist in Bewegung | Kirche und Heimat #2

Das lesen und hören wir ja jeden Tag: Die Welt ist in Bewegung. Weltanschauungen, Lebensentwürfe, Arbeitsverhältnisse und Arbeitsanforderungen, Ausbildungswege und Grundüberzeugungen der Menschen über das, was wichtig oder erstrebenswert ist, ändern sich. Und auch Kommunikationswege ändern sich. Begegnungen von Mensch zu Mensch werden flankiert oder ersetzt durch digitale Wege. „Digitalisierung“ war ein Schlagwort einer der Parteien im letzten Wahlkampf für den Bundestag.

Und nicht nur die Lebensbedingungen sind in Bewegung. Auch die Menschen bewegen sich. Die Stadt Düsseldorf zählt pro Tag 315tausend Pendler. Die bewegen sich freiwillig von ihrem Wohnort zum Arbeitsplatz. Die anderen Hunderttausende, die in der Welt umherziehen, sind vertrieben durch Gewalt, Willkür und Terror. Die haben wir bei uns und vor der Haustür. Und genau die sind es auch, die uns heute fragen lassen, was denn in unseren Tagen „Heimat“ sein könnte, welche Inhalte den Begriff heute oder in Zukunft füllen könnten.

Wie kann man überhaupt noch von „Heimat“ sprechen? Und was könnte das alles für die Institution „Kirche“ und uns als Gemeinde und „gelebte Kirche“ bedeuten?

In meiner Grundschule in Bochum hatten wir das Fach „Heimatkunde“. Da war viel von der Heimatstadt und der Heimatregion die Rede, in der wir uns bewegten. Wir lernten auch etwas über die Heimatgeschichte. Und dann gab es ja auch den Heimatverein und den Heimatabend. Und es gab das Heimatblatt und das Heimatfest. Und sicher war auch die alte Pauluskirche in der Innenstadt von Bochum eine Art Heimat. Denn wir gingen fast jeden Sonntag dahin zum Gottesdienst.

Das ist vorbei.

In den Weihnachtsausgaben der Zeitschrift „Stern“ heißt die Titelgeschichte „Vom Glück, nach Hause zu kommen“. Viele verschiedene Beiträge befassen sich dabei mit dem Weihnachtsfest und mit der tatsächlichen Rückkehr an den oder mit der Rückbesinnung der Erzähler auf den Ort ihrer Kindheit. Heimat ist hier tatsächlich auch noch als ein Ort verstanden. Aber genauso wichtig und vielleicht noch wichtiger ist, dass erzählt wird, dass man Menschen trifft, die einem viel bedeuten. In einem anderen Beitrag in der ZEIT vom 20. Dezember hieß es:

„Am heiligen Abend vergessen wir, was wir uns früher einmal vorgeworfen haben mögen. Es ist auch nicht wichtig, in welchem Verwandtschaftsverhältnis wir zueinander stehen. Wir verzeihen einander. Wir feiern die Versöhnung und dass wir einander haben.“

Ich vermute, dass in der heutigen bewegten Welt „Heimat“ nicht mehr lokal verstanden werden kann. Zumindest nicht mehr ausschließlich. Und was, wenn das so ist, verschafft uns eine Heimat, eine Bleibe, ein emotionales Zuhause, Schutz, Wärme und Geborgenheit? Es können nur die Menschen sein, die wir schätzen, mit denen wir umgehen, die es gut mit uns meinen und die wir lieben. Die finden wir in den Gruppen, Bindungen und Verhältnissen, in denen wir leben. Und eine bergende, eine besonders behütende Gemeinschaft ist die Gemeinde. Und mit der gehen wir durch die Zeit.

Dass „Heimat“ nicht vorwiegend ein Ort ist, sondern, wie ich meine, im Wesentlichen durch achtungs- und liebevoll-vielfältige Gemeinschaft geprägt ist, sollte uns als Gemeinde nicht verwundern. „Wir haben hier keine bleibende Stadt“, sagt uns der Hebräerbrief. Und er kann sich ja auch auf Jesus berufen. Er hatte keine Heimatadresse und keinen Heimatort. Er war unterwegs und stiftete Gemeinschaft. Und genauso Paulus und die Apostel, die unserer Kirche den Namen gegeben haben.

Vielleicht kann man sagen, wir finden unsere Heimat in der Botschaft von der Liebe Gottes zu uns. Wir hören davon an einem Ort, und wir leben in seiner Nähe, hören sogar die Glocken, wenn sie zum Gottesdienst rufen. Aber es ist die Botschaft, die uns einspinnt, aufnimmt und über den Ort hebt. Mag sein, dass man das „geistliche Heimat“ nennen kann. In diese Heimat können wir auch die aufnehmen, die in der Welt unterwegs und auf der Flucht sind. Das ist nicht Kirchenasyl, sondern Samariterdienst. Und der, der barmherzige Samariter, war ja auch unterwegs. Wie wir.

Hans Erlinger

Ein Gedanke zu „Die Welt ist in Bewegung | Kirche und Heimat #2

  1. Gemeinde als Heimat- das ist altes und neues Verständnis in einem-hervorragend mit
    Dank!

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