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Credo in eigener Sache

Meine Eltern waren Christen, deren Christsein darin bestand, nicht aus der Kirche auszutreten.
Ein entschiedenes Christsein war das: mein Vater war von Natur aus sparsam, das Geld war auch schon mal knapp, an Gott glaubten weder mein Vater noch meine Mutter, in den Gottesdienst gingen sie nicht einmal zu Weihnachten.
Dennoch sind sie dabei geblieben.
Der Steuerberater hatte etwas anderes geraten; Freunde hatten längst etwas anderes getan.
Aber sie sind in der Kirche geblieben bis zu ihrem Tod.

Mir ist es wichtig, in der jetzt beginnenden Vorweihnachtszeit dankbar und wertschätzend auf Gemeindeglieder hinzuweisen, die so sind, wie es meine Eltern waren.
Zu oft höre ich den Ausspruch: „Die kommen ja doch nur an Heiligabend in die Kirche“ – und dann folgt eine abfällige Handbewegung: das ist keiner von uns… und auch: ein lehrmeisterliches Stirnrunzeln, das erkennen lässt: solche Laxheit wird dem lieben Gott wohl nicht reichen…

Das macht mich ärgerlich.
Ich will keine Kirche, die schlechte Gewissen macht!
Ich glaube nicht an einen Gott, der die Menschen sortiert nach der Frequenz ihrer Gottesdienstbesuche. Und nichts ist falsch oder unzulänglich an Menschen, die nur an Heiligabend in den Gottesdienst kommen.

Es gibt kein Christsein in abgestufter Wertigkeit.
Wir brauchen sie alle, alle unsere Gemeindeglieder. Alle, die nicht ausgetreten sind. Alle, die „nur“ zahlen.
Wir brauchen ihr Geld, das sie mit ihren Steuern uns zugute abführen; wir brauchen ihre Kollekte im Weihnachtsgottesdienst, für Brot für die Welt – damit wir die Aufgaben wahrnehmen können, nach denen Gott wirklich fragt.

Darum heiße ich aus vollem Herzen alle willkommen, die heuer an Heiligabend in meiner Kirche sitzen – und hoffentlich auch in 2016 immer noch bei uns bleiben. Es grüßt Sie herzlich

Anke Augustin