Zuflucht gesucht

„Zuflucht gesucht“ – was hatte ich von diesem Thema unseres neu gestalteten Erwachsenentreffs erwartet? Die Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern in unserer harmonischen Adventszeit zu thematisieren, war sicherlich mutig. Obwohl… wir sind ja nicht bei irgendeinem Kneipenstammtisch, sondern in Kirchenkreisen. Da werden wir uns ja alle schnell einig sein, dass fremdenfeindliche Parolen in Deutschland nichts zu suchen haben, werden die Pegida-Bewegung mit einem Kopfschütteln bedenken und uns vornehmen, gleich morgen in den Schränken noch einmal nach warmer Kleidung oder Spielzeug für die nächste Flüchtlingsunterkunft zu schauen. Dann würden wir uns alle ganz gut fühlen und es bliebe sicher auch noch ein wenig Zeit, den Abend bei Gebäck und Glühwein harmonisch ausklingen zu lassen. Weiterlesen

Verjüngungskur

Meine „Kleine“ studiert Theologie, schon seit fünf Semestern … aber erst jetzt ist mir wirklich bewusst geworden, was das auch für mich bedeutet.

Meine Tochter bittet mich um eine kritische Meinung zu einer ihrer Hausarbeiten. Ein theologisches Thema – bislang mein „sicherer Ort“, an dem nur ich mich auskannte in unserer Familie. Nun wird zwischen zwei „Kolleginnen“ diskutiert.

Meine Tochter kennt Namen von Theologinnen und Theologen, die habe ich nie gehört. Sie vergleicht meine altbekannten dogmatischen Positionen etwa mit neuen Entwürfen aus Amerika. Sie nimmt selbstverständlich am interdisziplinären Seminar teil und der interreligiöse Dialog ist ein normaler Bestandteil ihrer Bemühungen, sich in der Welt der Theologie zu orientieren. Weiterlesen

Freitags brauche ich den Heiligen Geist besonders dringend

Immer freitags fühle ich mich alt. An diesem Tag unterrichte ich in einer Berufsschule. Dann sitzen sie mir gegenüber: Junge Männer und Frauen, die schon mit dem Daumen auf dem Handy geboren wurden, die selbstverständlich vertraut sind mit allen elektronischen Geräten, sie umfassend zu nutzen wissen und sogar verstehen, was sie tun.

Mich verstehen sie aber nicht. Ich erzähle ihnen, wie ich während meines Studiums eine Stunde in der Schlange vor der Telefonzelle stand, zur billigen Tarifzeit. Ihre Reaktion ist pures Unverständnis! Unsere Erfahrungen mit dem Leben können sich einfach nicht begegnen, sind zu verschieden. Weiterlesen

Wie denken unsere Kinder über Krieg, Gewalt und Terror?

Hassan sagt: Eine liebe Sonne, ein blauer Himmel und ein kleines Kind im Garten – das ist Frieden. Tom meint: Bei uns gab es früher Krieg, aber in anderen Ländern auch heute. Das sieht man im Fernsehen. Eigentlich sind die Männer, die mit ihren Waffen alles kaputt machen, blöd. Lutz sagt einfach: Im Frieden freut man sich. Und Stella weiß: Im Frieden schenkt man sich Kuchen.

Wie denken unsere Kinder über Krieg, Gewalt und Terror? Was sie in diesen Tagen im Fernsehen sehen müssen, beschäftigt sie sehr. Weiterlesen

Hausbesuch

Sie geht mir nach: Die Begegnung mit einem alten Mann, gestern Nachmittag.

Ein ganz normaler Hausbesuch – bei netten älteren Herrschaften, feinen gebildeten Leuten, die immer zur Kirche kamen, als sie es noch konnten. Der Mann ist fast neunzig Jahre alt – manches hat nachgelassen; wie das Leben so verläuft. Kein Wunder, keine Überraschung. Darauf bin ich gefasst, wenn ich Seniorinnen oder Senioren besuche. Milde gestimmt, bereit allerlei Wunderlichkeiten zu tolerieren, mir fremden Einschätzungen von Wirklichkeit nicht zu widersprechen. Weiterlesen

Mein Seelsorgetag

Gestern war mein Seelsorgetag: Vier seelsorgliche Gespräche habe ich im Laufe des Tages geführt, alle aus ganz unterschiedlichen Gründen. Und dabei wieder einmal gemerkt: Seelsorge ist wirklich die Muttersprache der Kirche. So wird sie verstanden: die Botschaft, die Grund meines Glaubens ist, so bekommt sie eine Bedeutung, im wahrsten Sinne des Wortes.

Meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner waren diesmal Menschen, die unserem Gemeindeleben eher ferner stehen. Und doch haben sie sich getraut, von mir, einer Pfarrerin der Evangelischen Kirche, Hilfe zu erhoffen in ihren derzeitigen Krisen. Das ist großartig! Ich glaube, sie sind gestärkt und ermutigt nach unseren Gesprächen wieder gegangen.

Es war ein guter Tag.

Anke Augustin