Sieh, dein König kommt zu dir

Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütigt und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin. (Sacharja 9,9)

Vor kurzem traf ich in Steele zufällig die Mutter eines ehemaligen Konfirmanden wieder. Wir kamen ins Gespräch, und sie erzählte mir:

„Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche, viele Jahre nicht. Als ich letzten Donnerstag an der Friedenskirche vorbeikam, ich weiß nicht warum, schaute ich, ob die Tür offen war. Sie war offen und ich ging hinein. Es war ruhig in der Kirche. An den Wänden hingen Bilder einer Kunstausstellung. Außer mir sah ich nur noch zwei Leute. Ich setzte mich in eine Bank. Die Ruhe tat mir gut. Ganz unterschiedliche Gedanken gingen mir durch den Kopf. Weiterlesen

Die Sternstunde der Menschenheit

Können Sie sich an Sternstunden in Ihrem Leben erinnern? Vielleicht müssen Sie eine Weile überlegen. Möglicherweise liegen sie auch schon lange zurück, in Kindertagen oder aber waren sie erst vor kurzem? Ich bin überzeugt, wir kennen sie alle, diese Sternstunden, diese ganz besonderen Momente im Leben, die keiner planen und organisieren kann, die sich einfach ereignen, ganz unerwartet, die uns überraschend geschenkt werden. Auch wenn der Moment längst vorbei ist, klingen sie lange, lange nach.

Wie bedeutungsvoll dieser besondere Moment ist, wird uns oft erst im Nachhinein bewusst. Dabei sind es meist keine besonderen Erlebnisse, es sind Momente, in denen Gefühle zählen, in denen der Zauber des Lebens erlebbar wird, in denen sich der Himmel über uns öffnet und die Sterne in unser Leben funkeln. Weiterlesen

Warum war das nötig?

Jauchzet, ihr Himmel; freue dich, Erde! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden. (Jesaja 49,13)

Warum war das nötig? Warum musste Gott sein Volk, die Israeliten, trösten? Was war passiert? Und was hat dieser biblische Spruch mit uns zu tun, mit der Advents- und Weihnachtszeit 2015?

Die Zeiten damals und heute lassen sich kaum vergleichen. Aber genauso wie heute gab es auch früher politische Verwicklungen, Kriege und Ungerechtigkeit. Die eine Volksgruppe bekämpft die andere bis aufs Blut. Regierende und Herrscher weiten ihren Machtbereich aus, mal durch Diplomatie, mal mit gewaltsamen Eroberungen. Genauso wie heute war es die Zivilbevölkerung, das „normale Volk‟, das die politischen Verirrungen auszubaden hatte. Weiterlesen

Damit der Mensch nicht Opfer des Menschen wird

Könnte ich doch hören, was Gott der Herr redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, damit sie nicht in Torheit geraten. (Psalm 85,9)

Wir sind erschüttert. Wir sind entsetzt. Wir sind betroffen. Die Terroranschläge in Paris machen uns sprachlos und fassungslos: 129 Tote zum jetzigen Stand und hunderte Verletzte. Sprachlos geworden über das, was ge-schehen ist, gedenken wir der Toten, ihren Familien und Angehörigen, wir gedenken der Verletzen und den vielen Hilfskräften, die bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit das ihnen Mögliche getan haben.

Es ist unfassbar. So viele Leben zerstört, ausgelöscht, mitten aus dem Leben gerissen. Wieviel Hass, wieviel Gewaltpotenzial muss in Menschen wachsen, damit sie so etwas tun können und auch ihr eigenes Leben zerstören, um andere zu töten? Weiterlesen

9. November 1938 – 1989 – 2015

„Da habe ich nichts mit zu tun! Das geht mich nichts an! Da sollen sich andere drum kümmern! Wer nichts getan hat, der hat auch nichts zu befürchten. Ich habe genug mit mir selbst zu tun!“ So hat es damals angefangen. So fängt es immer an. Und genau darum müssen wir uns erinnern – an den 9. November 1938, an die Reichspogromnacht.

Vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen. Geschäfte und Wohnungen von jüdischen Mitbürgern wurden geplündert und zerstört, Menschen jüdischen Glaubens wurden misshandelt, verhaftet, deportiert, ermordet. Dieses Pogrom war das öffentliche Fanal für das, was dann folgen sollte: der Völkermord am europäischen Judentum. Wir es den Opfern schuldig, uns zu erinnern – auch nach so vielen Jahren noch. Wir sind es uns selbst und den nachfolgenden Generationen schuldig uns zu erinnern, und zwar solange, bis wir all unsere Kraft, all unser Tun und Denken für die Bewahrung des Lebens, für den Frieden und die Gerechtigkeit einsetzen.

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Von Gott getragen und geleitet

Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. (Jesaja 46,4)

„Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen…“ stand als Leitwort über dem vorherigen Beitrag von Wera Wittberger. Im Alter noch vital sein, Kraft haben und aufblühen: Das klingt verheißungsvoll! Ob es aber auch wirklich so sein kann? Manche haben im Alter eine so lebendige Ausstrahlung, dass man spürt: Sie sind glücklich und zufrieden. Aber ich höre auch oft den Satz: „Alt werden ist nicht schön.“ Und ich frage mich dann: Ist das Alter doch eher zu fürchten? Weiterlesen

Wenn ich älter werde

Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein. (Psalm 92,15).

Es ist schon lustig, dass ausgerechnet ich – jüngstes Mitglied des Redaktionskreises unseres Schonnebecker Gemeindebriefes – auserkoren wurde, einen Beitrag über das Älterwerden zu schreiben. Da kann ich ja nun wirklich noch nicht mitreden – oder vielleicht doch? Wenn mit knapp über vierzig die ersten grauen Haare auffallen, die Fältchen im Gesicht auch mit ganz viel Feuchtigkeitscreme nicht mehr weggehen und es nach dem Tennisspiel in den Knien zieht, sind das sicher nur lächerlich kleine Zipperlein. Sie machen aber klar, dass auch ich mich gegen das Älterwerden nicht wehren kann. Weiterlesen

Alles erzählt von Gott

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, HERR Zebaoth. (Psalm 84,2)

Dieses Wort hat mich bei meiner Einführung im Mai letzten Jahres als Superintendentin inspiriert. Irgendwie begleitet mich seitdem dieser Bibelvers – mit seinem Bild der „Wohnungen Gottes“. Wenn ich mir Wohnungen und Räume in unserem Land vor Augen führe, nehme ich wahr, wie sehr sich Räume in den letzten 25 Jahren verändert haben. Keine Arztpraxis mehr ohne großformatige Bilder an der Wand, Innenräume – Inneneinrichtungen der Geschäfte werden passgenau auf die Kunden und den Zeitgeschmack abgestimmt. Unser Raumempfinden hat sich verfeinert. Von einer zunehmenden Ästhetisierung unserer Gesellschaft sprechen die Wissenschaftler. Weiterlesen

Alles liegt in Gottes Hand

Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen? (Hiob 2,10)

Neulich habe ich im Frauenkreis am Montag einen Vortrag über den Shintoismus in Japan gehalten. Das ist eine sehr alte Religion, entstanden aus den Riten um Saat und Ernte. So beschäftigt sich der Shinto besonders mit dem Diesseits und feiert die freudigen Ereignisse im Leben wie Neujahr, Geburt und Hochzeit. Die Schattenseiten des Daseins, der Tod und das Jenseits überlässt er dem neben ihm existierenden Buddhismus. Folgerichtig gehören sehr viele Menschen in Japan zugleich zwei Religionsgemeinschaften an. Das ist im Christentum kaum vorstellbar und auch nicht nötig. Denn im Christentum werden Leben und Tod, Diesseits und Jenseits in den Blick genommen, was wir besonders in den Evangelien nachlesen können. Weiterlesen

Der Glaube an Gott braucht Gespräch, Begegnung und Erproben

Erbarmt euch derer, die zweifeln. (Judas 22)

Dieser Vers ist dem Judasbrief entnommen, der wahrscheinlich im 2. Jahrhundert nach Christus in einer christlichen Gemeinde im Nahen Osten verfasst worden ist. Er ist eine Kampfschrift gegen Irrlehrer, die in der jungen Gemeinde oder in ihrem Umfeld auftauchten. Es gibt viele Vermutungen, um welche Irrlehrer oder besser welche andere Richtung des jungen Christentums oder verwandte religiöse Strömungen es sich gehandelt haben kann. In der theologischen Literatur halten sich die wildesten Spekulationen.
Wer den kurzen Brief im Neuen Testament liest, merkt schnell: Er ist selbst in seinem Ton beleidigend und in seinen Argumenten nicht sonderlich innovativ.
Aber seine Ausgangslage bleibt aktuell. Wie gehe ich mit Andersdenkenden um, mit Menschen, die um Antworten auf ähnliche Fragen ringen? Weiterlesen