Ein Wiegenlied vom Frieden | In Zeiten von Corona #5

Der Herr spricht: Ich will Frieden geben in eurem Lande, dass ihr schlaft und euch niemand aufschrecke. (3. Mose 26,6) – Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren. (Philipper 4,7) | Herrnhuter Tageslosung für den 21. März 2020

Eigentlich kann ich sehr gut schlafen. Ein gutes Erbteil meiner Vor-Mütter: selbst in unseren Wechseljahren haben wir stets prima durchgeschlafen; Oma und Mutter brauchten auch als Greisinnen keine Schlafmittel, nicht mal pflanzliche.

Aber seit die Corona-Epidemie um sich greift, schrecke ich jede Nacht mehrmals hoch. Auf meinem Nachttisch liegt mein Handy – immer schon, um im Notfall erreichbar zu sein für meine Kinder, die nicht mehr zuhause wohnen. Jede Nacht melden sich nun die unterschiedlichen Apps und Messengers mit den neusten Nachrichten – es gibt einen ploppigen Laut und ich lese, wie viel Tote es in Italien, Spanien, Deutschland… bereits gibt, wie rasant die Infektionsrate steigt und welche immer drastischeren Maßnahmen Regierungen ergreifen in der Hoffnung, dem Grauen doch noch Herr zu werden. Weiterlesen

Zuversicht in der Angst

Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen? (Markus 4,40-41)

„Wir melden uns, sobald die Gefahr vorüber ist“, diesen Satz hören wir in den Verkehrsnachrichten, wenn uns mal wieder ein Falschfahrer entgegen kommt. Vielleicht fühlen wir uns mit diesem Coronavirus so ähnlich – dass da etwas ungebremst auf uns zukommt und wir kaum Ausweichmöglichkeiten haben. Wie schön wäre es, wenn wir hoffen dürften, dass dieser befreiende Satz: „Wir melden uns, sobald die Gefahr vorüber ist“, möglichst bald gesagt würde.

Aber darauf müssen wir wohl nun noch eine Weile warten. Viele Ängste sind damit verknüpft. Ängste, dass wir selbst oder nahe Angehörige erkranken. Ängste vor den wirtschaftlichen Konsequenzen für uns und unsere Familien, für unsere Stadt, unser Land, ja die ganze Welt. Was wird da wohl noch alles auf uns zukommen? Und wie werden wir die Zeit füllen können, in der wir immer mehr Einschränkungen erfahren? Was werden die Kinder und Jugendlichen machen? Weiterlesen

In einer WG mit Gott | In Zeiten von Corona #4

Der Herr deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes. (Psalm 27,5) – Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen: denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark. (2. Korinther 12,10) | Herrnhuter Tageslosung für den 20. März 2020

„Mensch sein heißt: als Sterblicher auf Erden sein, heißt: wohnen“ – so der Philosoph Martin Heidegger. Und Antoine de Saint-Exypery meinte: „Vor allem bin ich einer, der wohnt“. Wohnen gestaltet unser Leben: zuerst im Mutterleib, dann in den vielen Wohnungen, die wir beziehen und uns zur Heimat machen und schließlich als Hoffnung, bei Gott eine bleibende Wohnung zu haben nach dem Tod.

Mit unseren Wohnungen verbinden wir Geborgenheit und Schutz, Sicherheit und Intimität. Keine Wohnung zu haben ist schrecklich – denken wir an das Schicksal der Flüchtlinge in aller Welt. In unwohnlichen Häusern leben zu müssen – wie Menschen in Favelas oder unter Brücken – entfremdet von sich selbst und von anderen. Weiterlesen

Über die Verletzlichkeit menschlicher Beziehungen | In Zeiten von Corona #3

Der Herr wandte sich Israel wieder zu um seines Bundes willen mit Abraham, Isaak und Jakob und wollte sie nicht verderben, verwarf sie auch nicht von seinem Angesicht bis auf diese Stunde. (2. Könige 13,23) – Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. (Römer 11,29) | Herrnhuter Tageslosung für den 19. März 2020

Die Corona-Krise erinnert uns an unsere Verletzlichkeit. Was wir gerade erleben, lässt uns spüren, dass wir Naturwesen sind – gemacht aus vergänglichem Staub, wie es in der Bibel ausgedrückt wird. Jederzeit kann es zu Ende sein, jederzeit kann es mich treffen, ich kann es nicht wirklich beeinflussen, was auf mich zukommt.

Unsere Tageslosung spricht nun davon, dass Gott sich mit dem endlichen Staub-Wesen Mensch verbindet; eine liebevolle Bindung eingeht. Weiterlesen

Über das Hamstern | In Zeiten von Corona #2

Es wartet alles auf dich, Herr, dass du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt. (Psalm 104,27-28) – Ihr habt schon geschmeckt, dass der Herr freundlich ist. ( 1. Petrus 2,3) | Herrnhuter Tageslosung für den 18. März 2020

Vorgestern habe ich zum ersten Mal eine Hamsterin gesehen. In meinem kleinen Stadtteilsupermarkt, mit dem eher unattraktiven Sortiment; ihr Wagen berstend voll mit Milch, Mehl, Nudeln und Klopapier!

Dass bei LIDL und ALDI bereits Scharen von Hamsterern gewesen waren, war mir durch spottende WhatsApp-Bildchen schon ein paar Tage zuvor zugetragen worden. Das konnte ich noch gut abtun: wie irre ist das denn! Wie übertrieben diese Panik! So würde ich mich nicht verhalten. Ich kaufte kein Klopapier und keine Konservendosen – um es mir zu beweisen: Das alles hier hatte mit mir nichts zu tun. Corona würde mich nicht erreichen, wenn ich das Thema nur intensiv genug von mir weghalte, einfach zum Thema „der anderen“ machte. Weiterlesen

Guter großer Übervater | In Zeiten von Corona #1

Dein Knecht lässt sich durch deine Gebote warnen. (Psalm 19,12) – Übe dich darin, den Willen Gottes zu tun. (1. Timotheus 4,7) | Herrnhuter Tageslosung für den 17. März 2020

Am Tag 1 meiner Reihe geistlicher Impulse „in Zeiten von Corona“ möchte ich als erstes sagen, was ich nicht glaube: Ich glaube nicht, dass die Corona-Epidemie ein Strafgericht Gottes ist.

Gestern gab es eine Umfrage einer christlichen Zeitung, die diese Frage per Mail an mich stellte – und mir als Dank für Beteiligung ein Abonnement anbot, das selbstverständlich nach den Probeexemplaren weiterlaufen würde, wenn ich nicht fristgerecht kündigen würde. Aber auch meine Apothekerin – eine moderne, kluge Frau – stellte mir dieselbe Frage. Ich weiß nicht, ob sie es ernst oder ironisch meinte – jedenfalls kommen solche Gedanken jetzt im Alltag „mit Corona“ auf. Weiterlesen

Hoffnung oder Erwartung?

Worauf hoffen die Menschen? Das kommt darauf an, in welchen Situation sich die Menschen befinden. Denn die Hoffnung braucht einen Anlass. Normalerweise jedenfalls. Wer krank ist, hofft auf Besserung. Wer in zwei Schulfächern auf der Kippe steht, hofft auf die Versetzung. Wer eine neue Arbeitsstelle antritt, hofft auf Erfolg. Und so weiter. Der Alltag, denke ich, ist voller Hoffnungen.

Und alle sind in die Zukunft gerichtet. Und alle hoffen auf Änderung. Und alle hoffen auf eine positive Entwicklung, zuerst einmal für den Hoffenden selbst. Weiterlesen

Bleibt in der Liebe!

Haltet fest an der Geschwisterliebe! Vergesst nicht die Gastfreundschaft, denn durch sie haben einige, ohne es zu wissen, Abgesandte Gottes beherbergt. Gedenkt der Gefangenen als Mitgefangene, und gedenkt der Misshandelten, weil ihr auch noch in euren Körpern lebt. (Hebräer 3,1-3)

Vor vier Jahren traf ich Adam. Adam ist ein junger, schüchterner Mann aus Syrien. Er war 19 Jahre alt. Adam kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Damaskus. Er hat seine Schule dort nicht beenden können, denn während des Bürgerkrieges in Syrien hat eine Bombe sein Wohnhaus getroffen. Er kann sich nicht genau erinnern, aber seitdem hat er eine verletzte Schulter. Nach diesem schrecklichen Erlebnis begann er seine Flucht vor diesem Krieg nach Deutschland zu planen. Er kam über das Mittelmeer und die Türkei und dann quer durch Europa. Seine Reise beschreibt er unter Tränen als einen schrecklichen Alptraum. Weiterlesen

Pessimismusfasten

Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um das Leben, was ihr essen sollt, auch nicht um den Leib, was ihr anziehen sollt. Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung. (Lukas 12,22-23)

Schwarzsehen ist leicht: Nachrichten gucken, die Zeitung aufschlagen, die Nachbarin fragen, wie es ihr geht oder die Statistik der Gemeindegliederzahlen der letzten Jahrzehnte studieren. Dazu noch ein überzeugtes „Früher war alles besser!“ und die Gegenwart sieht düster aus, ganz zu schweigen von der Zukunft. Mein Lieblingsradiosender „Cosmo“ sendet jeden Morgen die „Daily Good News“, die täglichen guten Nachrichten, denn die gibt es ja auch! Doch die größte Aufmerksamkeit gilt nach wie vor den schlechten Nachrichten, den Katastrophen und den Niederlagen. Schwarzsehen ist leicht und hat einen größeren Marktwert.

Die Fastenaktion der Evangelischen Kirche setzt in diesem Jahr auf das Motto „Zuversicht! Sieben Wochen ohne Pessimismus!“ Es geht darum, wenigstens für einige Zeit, all die Zukunftsängste und das Misstrauen zu überwinden. Es geht um die Lust, Hoffnung und Zuversicht zu entdecken. Schwarzmalerinnen und Pessimisten aufgepasst, denn das Glas ist noch mindestens halb voll! Weiterlesen

Öffnet die Schubladen!

Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm. (Apostelgeschichte 10,35)

Pfarrers Kinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie! Mit diesem Spruch bin ich, sozusagen, groß geworden. Oh nein, nicht meine Eltern haben das gesagt – mein Vater hat es mir als Kind nur erklärt, ich wusste gar nicht, was ich mit Müllers Vieh gemeinsam haben könnte – nein, Menschen aus der Gemeinde, Menschen, denen ich begegnet bin, haben, sobald sie hörten, was mein Vater von Beruf ist, diese Lebensweisheit von sich gegeben.

Nun mag das in den einen oder anderen Ohren witzig klingen, die ersten Male ist das vielleicht auch so, aber dann verliert es doch erheblich an Charme und ich selber mag es auch nicht mehr hören. Denn der Witz ist ja nur von kurzer Dauer, anschließend war ich ja damit beschäftigt, gegen diesen Ruf zu arbeiten, mich aus der Schublade wieder heraus zu manövrieren, in die man mich mit diesem Spruch ja hingesteckt hatte. Weiterlesen