Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! (Psalm 71,3)
Nun dürfen wir also wieder in diese Tage gehen wie früher – vor der Pandemie. Voller Erwartung und Vorfreude auf das Fest. Drei lange Jahre mit vielen Verunsicherungen, Sorgen und Entbehrungen liegen hinter uns. Mit welchen Gedanken werden wir uns in diesem Jahr an die Szene unter dem Kreuz erinnern?
Ob uns im Angesicht des Leidens und Sterbens Jesu eigenes Leiden oder das geliebter Menschen wieder in den Sinn kommen? Oder sind die erschütternden Bilder und Nachrichten über die Virusopfer schon längst wieder anderen Schreckensnachrichten gewichen, die danach kamen, allen voran der Kriegsbeginn in der Ukraine vor über einem Jahr? Wie können wir damit umgehen – mit diesen und immer neuen Bildern?
Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! So heißt es in der Übersetzung Martin Luthers. Diese und andere Gebete aus dem Psalmbuch hat Jesus in seiner größten Not gesprochen. Davon berichten alle vier Evangelien.
Nach dem Lukasevangelium stirbt Jesus mit den Worten: Vater, ich lege mein Leben in deine Hand! So viel Vertrauen spricht aus diesen Worten und so viel Mut – immer noch – all den Umstehenden zum Trotz, die meinen, sie könnten über Leben und Tod entscheiden.
Nein, das können sie nicht, das allein bleibt Gottes Geheimnis. Und er entscheidet anders für seinen Sohn. Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern die Liebe, die so stark ist, dass sie alle Grenzen und dicke Steine sowieso, überwinden kann. Und so wurde es damals zum ersten Mal Ostern.
Warum aber Jesus dann überhaupt so grausam sterben musste, warum Gott nicht schon vorher eingegriffen hat, ist eine Frage, die schon immer gestellt wurde. Bereits die Verfasser*innen der biblischen Schriften geben Erklärungsmöglichkeiten. Nämlich dass alles schon immer so vorherbestimmt sei. So versucht Jesus selbst an verschiedenen Stellen, seine Freund*innen darauf vorzubereiten, dass er getötet und am dritten Tag von den Toten wieder auferstehen würde (zum Beispiel in Lukas 9,22).
Aber welche Begründungen auch immer aufgezeigt werden, letztendlich wird diese Frage nach meinem Verständnis unbeantwortet bleiben. Genauso wie wir für kein Leid, dass in der Welt geschieht, eine Antwort finden können.
Ja, du bist mein Fels und meine Burg! Zeig mir den Weg und führe mich! In deine Hand lege ich mein Leben. Dass diese Zusage Gottes allem Leben gilt, darauf möchte ich fest vertrauen und hoffen. Dass er alles Leid sieht und dass ihm kein Leid der Welt gleichgültig ist. Dass er mit den Leidenden weint und seine Liebe jeden noch so entferntesten Winkel auf der Erde erreicht.
Gewiss wirst du mich befreien, Herr. Du bist doch ein treuer Gott. Und so wünsche ich uns, dass wir voller Dankbarkeit und Freude Ostern feiern können und uns gegenseitig erzählen von vielen kleinen und großen Zeichen von Gottes Liebe, die er uns täglich schenkt.
Sabine Grüneklee-Herrmann