Sie ist wieder da: die Zeit der kurzen Tage, der dunklen Abende und langen Nächte. Für manche Menschen ist das eine Zeit, in der das Dunkle von außen auch auf die Seele einwirkt. Sorgen, Ängste und Probleme werden an langen Abenden und dunklen Nächten immer größer. Besonders schwierig ist es, Einsamkeit zu ertragen.
Für andere ist das die Zeit, in der sie es sich zuhause besonders gemütlich machen: Kamin, heißer Tee und eine warme Decke. Dazu ein gutes Buch auf dem gemütlichen Sofa. Oder Kuscheln mit jemandem, den man mag.
Ich zähle manchmal zu der einen, manchmal zu der anderen Sorte. An manchen Tagen finde ich es so beschwerlich, dass es morgens noch dunkel ist, wenn ich aufstehe und schon wieder dunkel, wenn die Arbeit getan ist. Besonders dann, wenn ich mich mit einem schwierigen Problem herumschlage.
An anderen Tagen genieße ich es sehr, dass ich abends nicht mehr so geschäftig sein kann. Weil es ja dunkel ist. So kann ich in Ruhe den Abend verbringen. Einfach die Beine hochlegen, eine Decke um mich wickeln und genießen.
In beiden Fällen finde ich es immer sehr schön, wenn ich dann eine oder mehrere Kerzen anzünden kann. Kerzen spenden Licht und Wärme, machen mich innerlich ruhig. Es wird gleich gemütlicher und schöner um mich herum.
In der Advents- und Weihnachtszeit sind die Kerzen das Zeichen dafür, dass wir auf Licht warten. Nicht auf irgendein Licht, sondern das Licht der Welt: Jesus Christus. Wenn dieses Licht, wenn Jesus in unsere Welt kommt, dann sind nicht alle Sorgen, Ängste und Konflikte beseitigt. Aber die Macht der Dunkelheit ist durchbrochen. Da, wo vorher nur Dunkelheit war, gibt es auf einmal einen Hoffnungsschimmer.
So war es auch für die Hirten, die zum Stall liefen in der Nacht der Geburt Jesu. Ihre Lebenssituation hat sich nicht grundlegend geändert. Aber sie haben im Stall, beim neugeborenen Kind, entdeckt, dass Gott bei ihnen ist.
Gottes Licht erleuchtet unsere Dunkelheit. Es macht unseren Weg und unsere Zukunft hell. Kerzen als Symbol für Gottes Liebe und Wärme sollen nicht nur in der Weihnachtszeit Licht und Wärme schenken, sondern auch in den folgenden Wintermonaten, die uns in ein neues Jahr geleiten, für das wir Halt und Orientierung benötigen.
Besonders eindrucksvoll hat das für mich Dietrich Bonhoeffer, der evangelische Theologe, in dem letzten von ihm überlieferten theologischen Text ausgedrückt. Er schrieb ihn während seiner Haft im Dezember 1944.
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Obwohl er vermutlich ahnte, dass er die Haft nicht überleben würde, schrieb er diesen kraftvollen Text in der Gewissheit, dass Gott immer bei ihm und den Seinen sein wird.
Ich wünsche uns allen, dass wir auch getrost in das neue Jahr gehen, um zu sehen und zu erleben, was es uns Neues, Gutes, Überraschendes, aber vielleicht auch Schwieriges und Unerwartetes bringt. Gott wird uns in das und durch das neue Jahr geleiten. Wir werden seine Wärme und sein Licht immer wieder spüren können und wir werden nie alleine sein.
Helga Siemens-Weibring