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Jauchzet, frohlocket?

Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage, rühmet, was heute der Höchste getan! (Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, BWV 248)

Zum Jauchzen und Frohlocken ruft uns die erste Kantate des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach auf. In jedem Jahr gehört für mich dieses Bachstück zur Einstimmung in diese besondere Zeit des Advents und der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest einfach dazu. Advent heißt Ankunft. In der ersten Kantate geht es um die Zeit vor Jesu Geburt. Die Christenheit preist seine Ankunft („Jauchzet, frohlocket“) mit Pauken und Trompeten und jubelndem Eingangschor. Doch können wir das so einfach, wenn wir uns am Ende dieses Jahres ansehen, was uns das Jahr 2020 so alles gebracht hat?

Seit Anfang des Jahres haben sich weltweit mehr als 40 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Über 1,1 Millionen Infizierte sind daran leider verstorben. In Deutschland erstarkt wieder einmal der Neonazismus und Antisemitismus. Die Erderwärmung durch den Klimawandel bedroht das Leben unserer Kinder, Enkelkinder und aller nachfolgenden Generationen stärker als wir uns das im Moment vorstellen können oder wahrhaben wollen. Da ist mir doch eher zum Weinen zumute, da möchte ich eher Jammern statt Jauchzen.

Auch den Menschen, von denen die Bibel erzählt, ging es ähnlich. Psalm 4,7 macht das deutlich: „Viele sagen: „Wer wird uns Gutes sehen lassen?“ Und verbunden wird das mit einer Bitte, der wir uns heutzutage wohl auch aus ganzem Herzen anschließen können: „HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!“

Der Beter dieses Psalms macht mir deutlich, von wem wir – auch und gerade – in dieser Zeit Gutes erwarten dürfen. Der Gott, der die Welt erschaffen hat, der Vater unseres Herrn Jesus Christus ignoriert nicht die harten Realitäten, denen wir Menschen ausgesetzt sind.

Auch die Zeit vor Jesu Geburt war nicht friedvoll und ohne Probleme. Joseph musste durch ein Gebot des Kaiser Augustus, des Besatzers aus dem fernen Rom, mit seiner schwangeren Frau Maria, seine Heimat Galiläa verlassen und sich in Josephs Geburtsort Bethlehem zählen lassen (auch davon erzählt die Kantate). Weihnachten wird es also mitten in den Ängsten und Sorgen des Alltags.

Nichts davon wird weggeräumt, bevor Maria ihr Kind zur Welt bringt und Josef das gemeinsame Leben plant und ordnet. Mitten im schwierigen Alltag wird Gott in diesem Kind Mensch. Nicht im Thronsaal der Reichen und Mächtigen, sondern im Futtertrog der Armen und Elenden.

Gott betritt die Welt, um sein Volk zu trösten und sich der Elenden zu erbarmen, wie es der Prophet Jesaja verkündet. Er tut dies nicht weit über dem Elend schwebend, sondern indem er selbst in unser Elend kommt. Gott hält keinen Abstand, was in diesem Fall lebensrettend ist.

Nein, er ist wirklich heruntergekommen aus seiner himmlischen Herrlichkeit. Tiefer als unsere Not und Verzweiflung, tiefer als unsere Fragen und Zweifel. Er ist auch bei uns, wenn wir nichts fühlen von seiner Macht. Er lässt sein Licht leuchten über uns in diesem Kind in der Krippe. Er stellt sich dadurch eindeutig auf die Seite derer, die des Trostes bedürfen. Er will, dass die ganze Schöpfung einstimmen kann in das Lob Gottes und sich die Erde freuen kann.

Wenn ich mir das dankbar bewusst mache und den Chor aus dem Oratorium singen höre: „Lasset das Zagen, verbannet die Klage, stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“, dann macht mich das für eine Weile glücklich und unbekümmert, richtet mich wieder auf und lässt mich auf Gott schauen, der uns immer wieder auch Gutes sehen lässt. Etwas davon wünsche ich auch Ihnen für die kommende festliche Zeit.

Thomas Nawrocik