In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Johannes 16,33)
Ich werde sterben. Nicht sofort, nicht heute. Und trotz der Bedrohung durch das Corona-Virus und der Tatsache, dass ich als Mann über sechzig, mit Schlafapnoe, dabei auch zur Risikogruppe zähle, lebe ich sehr wahrscheinlich noch, wenn Sie diese Zeilen lesen. Trotzdem habe ich Angst.
„In der Welt habt ihr Angst“, sagt Jesus. Ich werde sterben. Unser Leben ist – auch ohne das Virus – tagtäglich gefährdet. Mir ist das durch die schwere Krebserkrankung meiner Mutter, die daran nach wenigen Monaten mit nur zweiundfünfzig Jahren verstarb, schon früh bewusst geworden. Und ich erlebe es ja oft in meinem Beruf als Pfarrer, wenn ich Menschen begleite, die sich von einem Angehörigen verabschieden müssen.
Doch eines ist unumstritten: Die Furcht vor dem Sterben ist menschlich. Auch als gläubiger Christ bin ich davor nicht gefeit. Und muss es auch nicht sein! Deshalb ist für mich dieser Satz aus dem Johannesevangelium tröstlich: „In der Welt habt ihr Angst“, sagt Jesus. Er sagt nicht: „Die, die Gott vertrauen, dürfen keine Angst haben!“ Jesus weiß also um unsere Angst. Und er redet sie nicht einfach weg. Das tut mir schon einmal gut.
Die Angst vor dem Tod kann auch einen Sinn haben. Sie ermuntert mich, mein Leben im Jetzt zu leben und all das stärker wertzuschätzen, was wirklich wichtig ist im Leben: Dankbarkeit zu empfinden für all das, was Gott mir in meinem Leben bisher geschenkt hat. Liebe und Freundschaft weiterzugeben überall da, wo es möglich ist. Auch das erleben wir ja in vielfältiger Weise durch Hilfsangebote oder andere schöne Erlebnisse in diesen Zeiten der Bedrohung durch das Virus.
Und dann lenkt Jesus meinen Blick nach vorne und ruft uns in all unseren Sorgen und Ängsten zu: „Aber seid getrost!“ Trotz aller Angst getrost zu sein, kann heißen: Auf den zu blicken, der uns trägt und uns begleitet. Gerade in dieser Zeit nach Ostern kann ich auf den auferstandenen Christus schauen, der uns zugesagt hat: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Matthäus 28,20)“. Das hilft mir! Gott begleitet mich! Das ist mir zugesagt. Er ist bei mir in meiner Angst. Er hält mich, er hält uns in Seiner guten Hand. Er stärkt mich auch und gibt mir Kraft für die nächsten Schritte.
Dadurch ist nicht die Angst das Bestimmende, sondern das Vertrauen auf Gott, der durch seine Liebe diese Welt überwunden hat.
Thomas Nawrocik