Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen aus der Kirche ausgetreten wie schon lange nicht mehr. Woran liegt das und was ist dagegen zu tun? Antworten von Marion Greve, Superintendentin des Kirchenkreises Essen:
Warum sind so viele Menschen mit den Kirchen unzufrieden und treten aus?
Die aktuellen Austritte besorgen mich – wenngleich ich den Grund für die Austritte eher nicht darin sehe, dass Menschen mit der Kirche unzufrieden sind. Viele Menschen spüren keine enge Bindung mehr zur Kirche – daran müssen wir arbeiten. Indem wir uns nicht auf uns selbst und auf die Kerngemeinde der Altvertrauten zurückziehen, sondern weiterhin mitten in die Wohn- und Arbeitswelt der Menschen hineingehen. Sozialdiakonische Angebote spielen dabei eine große Rolle, aber natürlich auch das Vermögen, von Gott zu sprechen – wissend, dass er selber es ist, der die Kirche baut.
Worauf kommt es jetzt an?
Jede Zeit bringt besondere Herausforderungen mit sich – auch für die Kirche. Heute besteht sie vor allem in der Aufgabe, einen Weg zu finden, wie wir das, was wir glauben und woran unser Herz hängt, für andere verständlicher formulieren können. Gerade im Hinblick auf die Frage, wie und an was wir glauben, müssen wir sprachfähiger werden: Wofür stehen wir ein, was bedeutet die Botschaft des Evangeliums für unser eigenes Leben und auf welche Weise prägt sie das Gesicht unserer Kirche?
Wie können wieder mehr junge Menschen für die Kirche begeistert werden?
Wir begeistern Jugendliche, wenn wir ihnen auf Augenhöhe begegnen und Beteiligungsstrukturen schaffen, die ihnen Raum geben gerade mit ihren Fragen und kritischen Beiträgen. Es muss uns ein besonders wichtiges Anliegen sein, eine Sprache für die Hoffnungen und Wünsche junger Menschen zu finden. Es ist wichtig, dass wir unseren Kindern die alten Geschichten der Bibel weitererzählen, in denen Menschen ihre Erfahrungen vor Gott bringen – dass sie die Schöpfungsgeschichte kennen, die erzählt, dass der Anfang des Lebens gut war. Letztlich: Kirche begeistert Jugendliche, wenn sie erleben: Glauben tut gut! Glauben, das ist kein alter Hut, sondern ein Halt in meinem Leben.
Bestehende Probleme dürfen nicht nur „in der oberen Etage“ und in den Presbyterien diskutiert werden, die Gemeindeglieder sind mit einzubinden.
Gemeinsam ist nach Möglichkeiten und Lösungen zu suchen. „Geht nicht“ gibt’s nicht – es lässt sich für alles einen Weg finden, auch wenn es schwer fällt.