Was tun wir hier eigentlich? Die lutherische Kirche in Namibia und einige deutsche Kirchen leben in einer Partnerschaft miteinander. Namibia war einmal Missionsgebiet der Rheinischen Mission – die heute Vereinte Evangelische Mission heißt (VEM), mit Sitz u.a. in Wuppertal. Außerdem und damit verwoben war Namibia deutsche Kolonie: Deutsch-Südwestafrika. Es gibt also viel gemeinsame Geschichte, leider vor allem viel grausame gemeinsame Geschichte. Die deutsche Kolonialmacht ist verantwortlich für den Tod unendlich vieler Namibier, vor allem aus dem Volk der Herero.
Als die namibischen Kirchen unabhängig wurden, gab es eine deutsche, weiße lutherische Kirche und eine namibische schwarze – und diese Trennung gibt es bis heute.
Auf dem Hintergrund dieser Geschichte eine Partnerschaft zwischen der namibischen lutherischen Kirche und den deutschen Kirchen in der VEM zu gestalten, ist gar nicht so einfach. So viel Geschichte, so viel Grausamkeit, so viel Rassismus – und dann und trotz allem gemeinsam Kirche sein wollen, einander unterstützen in der Aufgabe, die gute Nachricht von der Liebe Gottes weiter zu tragen: das ist nicht einfach und es gibt auch in diesen Tagen hier viele Diskussionen und manchmal auch heftigere Auseinandersetzungen.
Für mich ist das alles neu, ich kann nicht wirklich viel beitragen, höre zu, versuche zu verstehen, Beziehungen, Zusammenhänge, die Situation der Kirchen hier.
Was ich hier als erstes lerne und mitnehme?
Ich glaube einmal mehr und immer fester, dass wir, wenn wir Jesus nachfolgen wollen, menschliche Grenzen überwinden müssen. Natürlich gehöre ich irgendwo hin, lebe in einem Land, spreche eine Sprache, fühle mich dort Zuhause und woanders womöglich fremd. Wichtiger aber als die Zugehörigkeit zu einem Land, einem Volk, was auch immer, ist die Zugehörigkeit zu Jesus und zu den Menschen, die ihm mit mir folgen. Niemand sagt, dass das leicht ist, aber das sind die Herausforderung, das Geschenk und die Aufgabe der Kirche.
Warum lerne ich das hier? Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich hier fremd bin, sondern auch damit, dass es in dieser namibischen Kirche viele Völker gibt. In Namibia leben viele unterschiedliche Völker, sie sprechen verschiedene Sprachen, wohnen in unterschiedlichen Gegenden und haben eine jeweils andere Geschichte. Es ist nicht leicht das zusammen zu halten und Gemeinschaft zu leben, Misstrauen zu überwinden. Immer wieder sagt das irgendjemand in dieser Woche.
Theoretisch wusste ich das schon, dass die Zugehörigkeit zu Gemeinschaft der Kirche über der Zugehörigkeit zu einem Volk, einem Land einer Kultur steht. Wie herausfordernd das ist und wie wichtig, wird mir hier noch mal ganz neu deutlich. Und ich verstehe die Aufgabe, die da drin steckt, denn wenn wir das leben, dann sind wir Friedensstifter, Beispiele dafür, dass das geht, miteinander zu leben über alle Differenzen hinweg.
Monika Elsner
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Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 24. Januar 2020 im Blog „unterwegs in Kray“, in dem Pfarrerin Monika Elsner regelmäßig über ihre Erfahrungen und Erlebnisse berichtet – hier über eine Reise zu einem Partnerschaftstreffen in Namibia.