Was um alles in der Welt ist ein Theo-Slam? Das habe ich mich während meines Kontaktstudiums in Tübingen gefragt, als die Studentinnen und Studenten als Ersatz für einen kurzfristig abgesagten Vortrag den „1. Tübinger Theo-Slam im Stift“ ankündigten. Dabei handelte es sich – in Anlehnung an einen „Poetry-Slam“ – um einen literarischen Vortragswettbewerb über ein theologisches Thema, wobei der Beitrag in rhythmisierter Gedichtform abzuliefern war. Die Preise waren für alle Teilnehmer dieselben (schließlich handelte es sich um einen Wettbewerb unter evangelischen Theologen und alles allein aus Gnade!): eine Tafel Schokolade. Das Vergnügen war unter Zuhörenden und Vortragenden gleichermaßen groß! Mein eigener Beitrag handelte von der Taufe.
TAUFEN,
ja, taufen lassen wollen die Leute ihr Kind
und meinen, das ginge alles geschwind.
Doch grübelt der Pfarrer,
ist er denn der Macher?
Fragen treiben ihn um,
manche sind dumm.
And’re scheinen berechtigt,
die beschäftigen ihn mächtig.
TAUFEN,
ja, taufen, das ginge geschwind.
Nur: wie sag ich’s dem Kind.
Klein und schreiend bieten sie es der Taufe dar.
In den Armen der Mutter,
aber gierig,
nicht nach der Taufe,
sondern nach Futter,
wie sag ich dem, was theologisch sei wahr?
„Vor aller Tat“,
das ist der erste Rat,
und beim Kind kommt er noch nicht zu spät.
Gottes Liebe “is the very best“ –
für Luther steht’s fest!
Aber was glauben Vater und Mutter,
was geben sie weiter?
Ist das Leben nur heiter?
Oder ist die Taufe ein heilsam nahrhaftes Futter?
– für die Seele, versteht sich –,
ziemlich frei, wieder nach Luther.
Denn Brot und Wein – die Kommunion,
die gibt es erst nach der Konfirmation.
Versteht Ihr diesen kirchlichen Rüffel?
Ist doch die Taufe in Wahrheit der Schlüssel.
Für Zeiten der Krisen
dafür hat Gott die Taufe erkiesen,
dass sie uns trage,
wenn’s keiner sonst wage!
Es klingt doch nicht dumm:
„Baptistatus sum!“
TAUFEN,
ja, taufen, das ginge beim Kind!
das ginge geschwind.
Doch was, wenn ein Erwachsener sich find‘t?
Geht es da auch noch ganz so geschwind?
Schnell sei’s vorüber,
mit Wasser darüber,
am besten drei Mal,
erfüllet wäre die heilige Zahl.
Und was ist mit den Kindern,
den armen Kindern,
die ungetauft?
Werden die im Elend ersauft?
Gott habe Erbarmen!
Zur Hölle geschickt.
Von Gott nie erblickt?
Vom kleinlichen Gott,
der den Kleinen nicht liebt,
ist das uns’re Botschaft
weil der Pfarrer die Taufe nicht schafft?
Was gilt für Mütter und Väter,
wenn sie uns sagen:
„Kirchensteuern zahlen wir gern – aber erst später“?
Wir sollen’s laut und vernehmlich beklagen!
Sollen wir die Taufe des Kleinen aber dennoch wagen?
Oder mit dem großen Barth aus der Schweiz mutig bekennen:
eine „zutiefst unanständige Praxis“ und Sünde sei das
und so die Dinge beim Namen benennen?
Denn was ist eine Taufe wert,
die keiner dem Täufling erklärt?
Das Kind – ich höre es nach seiner Gemeinde rufen:
Begleite mich – bitte! – auf allen Lebensstufen.
Die Gemeinde – ich hör‘ sie den Eltern sagen:
Kommt mit Eurem Kind an allen Tagen!
TAUFEN,
ja, taufen lassen wollen die Leute ihr Kind
und meinen, das ginge alles geschwind.
Doch grübelt der Pfarrer:
Ist er denn der Macher?
Was sagt die Gemeinde?
Spricht sie heute ihr „Ja“?
Wozu sonst wäre sie da?
Spricht sie es aber – und spricht sie es frei als eine,
dann tauft der Pfarrer allein im Auftrag dieser Gemeinde.
Ach ja – und das Wasser.
Ist es heilig und frommt,
auch wenn es nicht aus dem Jordan kommt?
Schon manche Oma brachte aus Heiligem Lande
ein Fläschlein heiligen Wassers mit,
dachte, für den Pfarrer wär‘ s der Hit!
Und sprenge alle Himmels-Bande,
dem Teufel zur Schande.
Aber im Ernst!
Und wie auch sonst?
TAUFEN,
ja, taufen lassen wollen die Leute ihr Kind
und meinen, das ginge alles geschwind.
Doch grübelt der Pfarrer:
Sind denn die Eltern die Macher?
Was sollen sie können,
was bekennen,
was versprechen?
Und möglichst nicht morgen schon brechen?
Das Gespräch wird lang,
manch jungen Leuten wird bang,
ob je einem die Erfüllung gelang
des hohen Versprechens,
in einer Welt von Völker-Welten Mördern
zuvörderst den Glauben des Kindes zu fördern,
angesichts des eigenen Glaubens Gebrechens.
Neue Worte müssen her,
das alte Versprechen:
„im Glauben erziehen“,
es trägt ja nicht mehr.
Die Formel ist leer!
Begleiten und leiten,
am wachsenden Pflänzlein des Glaubens nicht reißen,
zu neugierigen Fragen das Kindlein gern reizen,
neue Antworten wagen
auch auf eigene, alte Fragen.
Die eigene Taufe erinnern, als wäre sie gestern,
so soll’n es tun christliche Brüder und Schwestern.
Vom Glauben erzählen,
die Kinder mit Ängsten nicht quälen,
selber Beten, um Beten zu mehren.
Vertrauen wecken,
wehren den Schrecken.
Freiheit gewähren,
zur Freiheit erzieh‘n,
hören zu lehren …
Ihn!
Unseren Gott!
So loben wir Gott.
Den Freund der Kinder.
Allen Radikalen zum Spott.
Menschenverachtung,
Menschenvergötzung,
Leistungsdenken,
Gewissen – Lenken,
sie haben ein Ende.
Liebe zum Nächsten,
Respekt vor dem Fremden,
das ist der Taufe Welt-praktische Wende.
TAUFEN,
ja, taufen lassen wollen die Leute ihr Kind.
Taufen,
ja, taufen,
das wollen wir:
Große und Kleine,
Schwarze und Weiße,
Coole und Heiße,
Deine und Meine,
Arme und Reiche,
– vor Gott sind sie Gleiche –,
heute und morgen,
mit und– lieber noch – ohne Sorgen,
fröhlich und dankbar,
aufrecht und klar,
so wird der Glaube wahr.
Lasst uns taufen mit Bedacht!
Dann tun wir es in Gottes Namen.
Amen.
Joachim Lauterjung
Toll-Klasse!