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Farbenpracht | Kirche und Farben #2

In dieser Sommerzeit bekennt die Natur Farbe. Wir Menschen und Tiere genießen die Farbenpracht, die der Dichter Paul Gerhardt mit dem unvergesslichen Sommerlied beschrieben hat: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben“. Wenn man das Wort „Gaben“ durch das Wort „Farben“ ersetzt, erfreut sich unser Auge an der Farbenpracht des Sommers und letztlich erfreut sich auch unsere Seele.

Ja, es sind die gelben, die roten und die blauen Grundfarben, dazu die Mischfarben Grün, Orange und Violett, die die Schöpfung prägen. Farben wirken auf uns. Sie beruhigen, sie aktivieren, manche Farben mögen wir, manche nicht. Farben lösen Gefühle in uns aus. Der Faszination eines Regenbogens kann sich kaum ein Mensch entziehen. Das Sonnenlicht, das sich im Regen zum Regenbogen spannt, ist wunderschön. Der Regenbogen ist bunt. Das weiße Licht wird in das ganze Spektrum sichtbaren Lichts aufgespaltet. Von Rot bis Violett. Der Regenbogen verkörpert die Buntheit und steht als Sinnbild für die Vielfalt der Welt. Er steht damit auch für Gott selbst, der diese bunte, vielgestaltige Welt geschaffen hat.

Auf den ersten Seiten der Bibel heißt es: „Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig. Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Und wenn es kommt, dass ich die Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Zeichen des Bundes“ (1. Mose 9,12-14). Der Regenbogen ein Friedenszeichen zwischen Himmel und Erde.

Wenn Farben bei Menschen Stimmungen auslösen, so wecken ihre Strahlung in uns ein seelisches Echo aus. Sie bedeuten etwas und sie müssen erlebt werden. ROT war die erste Farbe, der der Mensch einen Namen gab. Das ursprüngliche Rot ist das des Blutes und des Feuers, eben blutrot oder feuerrot. Repräsentativ wählen von zehn Leuten neun die Farbe Rot. Rot steht symbolisch für Glück, Lebensfreude und Energie, das Blut für Liebe, Hass, Aggressivität und Kraft. Rot steht auch für das Verbotene, die rote Ampel oder das Rot-Licht-Viertel. In der Farbenlehre der Kirche steht Rot für die Geburtsstunde der Kirche. Danach haben Wind und Feuerzungen die Menschen mit dem Heiligen Geist zu einem gemeinsamen Leben im christlichen Glauben und zur Mission erweckt (siehe Apostelgeschichte 2).

Der Himmel ist mit seinem BLAU die Hintergrundfarbe unseres Lebens. Es kann Kälte und Kühle, aber auch Treue, Entspannung und Stille bedeuten. „Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast. Was ist der Mensch?“ (Psalm 8,4). Das Blau des Himmels überspannt uns und in sternklarer Nacht ist selbst dann der Himmel in ein tiefes Blau getaucht. Wen wundert es, dass der Himmel zu einem anderen Wort für Gott geworden ist.

GELB ist die eigentliche Sommerfarbe. An einem schönen Sommertag geht die goldene Sonne im Osten auf. Dazu kann eine Morgenstimmung kommen, wenn die Rapsfelder knallgelb leuchten. Wie rot und blau hat auch das Gelb eine unerschöpfliche Bandbreite von Spielarten. Neben der Urerfahrung von Sonne und Licht sind auch negative Gefühle mit dem Gelb wie Neid, Eifersucht und Geiz verbunden. Doch neben diesen negativen Zuschreibungen ist Gelb zugleich auch das, was wir oft mit Lustigem, mit Lebensfreude und Freundlichkeit in Verbindung bringen. Das Sonnenlicht, eigentlich farblos, empfinden wir als gelb. In der Bergpredigt sagt Jesus: „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Gute und Böse und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte“ (Matthäus 5,45).
Gott lässt das gelbe freundliche Lebenssonnenlicht scheinen über alle, egal, wie moralisch korrekt, wie freundlich oder verwerflich Menschen auch sind.

Zum Sommer gehört natürlich auch die Mischfarbe GRÜN, die aus Gelb und Blau gewonnen wird. Wie gerne fahren wir im Sommer ins Grüne, genießen den Spaziergang durch Wiesen und Wälder. Für uns ist die grüne Natur etwas Selbstverständliches. Das ist in anderen Breiten unserer Welt natürlich ganz anders. Symbolisch verbinden wir mit der Farbe Grün die Hoffnung, obwohl Grün natürlich auch für Unreife steht, so wie für uns „Ältere“ die Jugend „grün hinter den Ohren“ ist.

In Psalm 92 steht: „Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, der gepflanzt ist im Hause des HERRN.“ Dieser Bibelvers spricht nicht von ewiger Jugend nach menschlicher Art. Er spricht von einem anderen „Blühen“ und „Frisch“ bleiben: „Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein.“ Auch wenn der Körper im Alter Falten zeigt, kann der inwendige, alterserfahrene Mensch lebendig sein. Der innere Mensch wird nicht alt.

Die Farbenpracht der Natur und Schöpfung wahrnehmen und genießen, das wünsche ich uns allen, wenn wir das Licht in allen seinen Farben aufnehmen und uns an Gottes Schöpfung erfreuen.

Werner Sonnenberg